Originell oder einfach geschmacklos?Modelabel schickt Models mit Tierköpfen über den Laufsteg
Löwen, Schneeleoparden, Wölfe: Das italienisch-französische Modehaus Schiaparelli zeigte an der Pariser Fashionweek Kleider mit integrierten Tierköpfen – die Empörung ist gross.

Das italienisch-französische Modehaus Schiaparelli hat die Pariser Fashionweek mit einem Knall eröffnet. Seit seiner Modenschau am Sonntag ist das Internet in Aufruhr. Der Grund: Schiaparellis Kreativdirektor Daniel Roseberry schickte seine Models in Kleidern über den Laufsteg, in die unheimlich realistische Nachbildungen von Tierköpfen integriert waren.
So trug Model Irina Shayk eine schwarze, eng anliegende Robe, auf ihrer Schulter prangte ein riesiger Löwenkopf mitsamt Mähne. Und auch Kylie Jenner, die bei der Show als Gast in der ersten Reihe sass, trug genau das gleiche viel diskutierte Couture-Kleid. Während Naomi Campbell in einen Kunstpelzmantel mit einem Wolfskopf auf der Schulter gekleidet war, brach aus Model Shalom Harlows Kleid der Kopf eines Schneeleoparden heraus.

Tiere kamen laut dem Label dabei zwar nicht zu Schaden – wie Behind–the-Scenes-Videos und Fotos auf dem Instagram-Profil von Schiaparelli zeigen, waren die lebensechten Tierköpfe in aufwendiger Handarbeit aus Schaumstoff, Harz, Wolle und Kunstpelz gefertigt worden. Dennoch fragen sich Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Medien – ist das noch Mode oder einfach nur geschmacklos?
Vorwurf: Verherrlichung der Trophäenjagd
So wurde die Instagram-Seite von Schiaparelli alsbald von kritischen Stimmen überflutet, die der Marke vorwarfen, Wilderei glorifiziert und Tierleid verherrlicht zu haben. «Wir müssen aufhören, Tiere als Luxusprodukte zu zeigen», schrieb ein Instagram-Nutzer. Ein anderer kommentierte: «Man feiert die Herrlichkeit der Natur nicht, indem man sie wie eine kitschige Trophäe trägt.»

Auch dass es sich bei der Auswahl der Tiere ausgerechnet um gefährdete Arten handelt, kam schlecht an. So schrieb Supermodel Christie Brinkley: «Es ist widerlich, die Bilder dieser bedrohten Tiere in Form von Fellen zu sehen! Es sieht aus, als hätten die Models einen grausamen Tierteppich und einen abgetrennten Kopf um sich selbst gewickelt, um als stilvolle Schönheit betrachtet zu werden».
Auch Elsa Schiaparelli liebte Provokationen
Andere feierten den Kreativdirektor hingegen für die Kunstfertigkeit der Tierschädel und verwiesen auf die Gründerin und Designerin des Modehauses, Elsa Schiaparelli. Die aktuelle Kollektion passe zu ihrem Vermächtnis, da sie doch als Provokateurin bekannt gewesen sei, die mit klassischen Silhouetten gespielt und sie mit subversiven Details zu einzigartigen Fashion-Statements transformiert habe. Tatsächlich zwang Schiaparelli (1890–1973) den Betrachter mit bizarren, surrealistischen Details dazu, zweimal hinzuschauen – und zu staunen.

Die Designerin hatte ein Faible für Schrulligkeit und brachte gern Objekte an Stellen an, wo sie eigentlich nicht hingehören: Käfer auf einem Strohhut, Aspirintabletten an Ohrringen, Krallen an den Fingerspitzen von Handschuhen. 1938 arbeitete sie für eine Kollektion gar mit dem Meister des Surrealismus, Künstler Salvador Dalí. Aus dieser Zusammenarbeit entstand etwa das berühmte «Skelett»-Kleid, ein schwarzes Kleid, durch das dank raffinierten Steppungen und Wattierungen das hervorstehende Skelett der Trägerin durchzudrücken schien.
«Nichts ist so, wie es bei diesen Kleidern zu sein scheint», schrieb auch Designer Roseberry in einer Medienmitteilung und erklärte, was ihn zur Kollektion inspiriert habe. Weder die Wilderei noch die Pelzindustrie, sondern Dantes «Inferno». So verglich er die ungewisse Reise des Protagonisten in die Hölle mit den Zweifeln, die einen Designer wie ihn befallen würden, wenn er sich ans Entwerfen mache.

«Diese Kollektion ist meine Hommage an den Zweifel», schrieb er. Der Leopard, der Löwe und die Wölfin stünden in Dantes ikonischer Allegorie dabei für Lust, Stolz und Geiz. Die Tierköpfe sollten «die Herrlichkeit der Natur» hervorheben. Tatsächlich scheint Roseberry damit jedoch vor allem eines ausgelöst zu haben: Zweifel an seiner Kollektion.
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