Ausnahme in der BrancheBei Apple gibts keine Massenentlassungen – wie hat Tim Cook das angestellt?
Die Entlassungswelle im Silicon Valley hält an. 200’000 Angestellte haben bisher ihren Job verloren. Doch der iPhone-Konzern entzieht sich dem negativen Trend und setzt stärker auf Indien.

Die Pandemie war der Vorwand für die Expansion des Geschäfts, und das billige Geld der Notenbank war das Mittel: Die globalen Techgiganten stellten zwischen dem Herbst 2019 und dem Herbst 2022 Personal in einem nie gesehenen Ausmass an. Amazon verdoppelte die Zahl der Angestellten und wurde nach Walmart der zweitgrösste private Arbeitgeber der Welt. Die Lohnliste von Microsoft wuchs um 50 Prozent, beim Google-Mutterkonzern Alphabet waren es 57 Prozent, und Meta, das Unternehmen hinter Facebook, wurde gar um 94 Prozent schwerer.
Um Apple blieb es dagegen ruhig. Und auch wenn der Konzern nächste Woche wahrscheinlich schwächere Geschäftszahlen für das abgelaufene Quartal vorlegen wird, muss Konzernchef Tim Cook keine Grossentlassung bekannt geben. Cook behielt die Nerven. Apple erweiterte den Personalstand um lediglich 20 Prozent und schaffte es trotz der Schwäche des chinesischen Marktes und trotz der Lieferengpässe, das am höchsten bewertete Unternehmen der Welt zu bleiben.
Bei Apple gibt es kein Verwöhnprogramm
«Wir haben uns bei der Anstellung neuer Mitarbeiter sehr zurückgehalten», so Cook. Einstellen wolle er nur noch punktuell, sagte er, was gemäss Analysten auf einen Einstellungsstopp bis zum kommenden September und die Nichtbesetzung offener Stellen hinausläuft. Drastische Spareingriffe sind deshalb nicht zu erwarten. «Wir glauben, dass man sich nicht zum Erfolg sparen kann», so Cook, «sondern nur mit langfristigen Investitionen Erfolg haben kann.»
Die relative Stabilität von Apple erklärt sich auch durch den Führungsstil von Tim Cook, der im Wesentlichen Steve Jobs folgt. So baute der Konzern zwar für eine Milliarde Dollar einen futuristischen Hauptsitz in Cupertino, doch verwöhnt hat er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nie mit kostenlosen Buffets, Massagen und Haarschnitten, wie Google und Facebook es getan haben. Cook widerstand ebenso der Versuchung, Geld in riskante Prestigeprojekte wie das Metaverse zu stecken, das Facebook über 10 Milliarden Dollar gekostet hat, ohne den Durchbruch geschafft zu haben.
Das Metaverse ist aus Sicht von Tim Cook für die Nutzer zu wenig verständlich und zu unpraktisch und hat deshalb «keine Zukunft». Apple investiert deshalb nicht in die virtuelle Realität, sondern in Anwendungen der künstlichen Intelligenz, exakt wie das Microsoft tut.
«Apple stellt 5 bis 7 Prozent der iPhones in Indien her, beabsichtigt aber, 25 Prozent der Produktion hierhin zu verlagern.»
Seit Jahren ist das iPhone der sicherste und stärkste Ertragspfeiler von Apple. Diese Sicherheit ist indessen wegen der Engpässe in den chinesischen Zulieferbetrieben nicht mehr gegeben, und Cook hat gehandelt. Apple will die iPhone-Produktion beschleunigt nach Indien ausweiten, das sagte der indische Handelsminister Piyush Goyal diese Woche. «Derzeit stellt Apple fünf bis sieben Prozent der iPhones in Indien her. Doch der Konzern beabsichtigt, 25 Prozent der Produktion hierhin zu verlagern.»
Indien lockt mit Subventionen
Nach Angaben von Goyal wird derzeit bereits der grösste Teil des iPhone 14 in Indien gefertigt. Die drei wichtigsten Produzenten von Apple – Foxconn Technology Group, Pegatron Corp. und Wistron Corp. – konnten offenbar für eine solche Verlagerung gewonnen werden, nachdem ein Lockdown in der riesigen iPhone-Produktion von Foxconn in Zhengzhou zu einer Revolte von Arbeitern geführt hatte.
Cook ist für seinen unzimperlichen Umgang mit Lieferanten und Produzenten bekannt. In Indien wurde sein Entscheid, die iPhone-Herstellung teilweise aus China abzuziehen, durch eine 6,7 Milliarden Dollar schweres Subventionspaket erleichtert. Ziel der Regierung ist, mit solchen Anreizen das Land zu einem führenden Hersteller von Smartphones zu machen. Zwischen April und Dezember letzten Jahres exportierte Indien bereits iPhones im Wert von 2,5 Milliarden Dollar, fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor.
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