Beschwerde wegen Computer-Beschaffung
Beim Regierungsstatthalteramt Thun liegt eine Beschwerde mit einem happigen Vorwurf: Bei der Beschaffung von Computern und dem Ausbau der Netzwerkinfrastruktur in der Primar- und Oberstufenschule soll Thierachern Vetterliwirtschaft betreiben.

Eine Schule ohne Computer und Internetzugang? Undenkbar in einer Zeit der fortschreitenden Digitalisierung. Doch Computer mit Internetzugang allein reichen nicht – die Geräte sollten auf dem neusten Stand der Technik sein, schliesslich hat niemand ein Interesse, die Kinder mit veraltetem Material für die Zukunft fit zu machen.
An der letzten Gemeindeversammlung in Thierachern hatte denn auch niemand etwas dagegen, dass in der Primar- und Oberstufenschule die Computer erneuert und die Netzwerkinfrastruktur ausgebaut wird. Die Projektkosten belaufen sich auf 580 000 Franken und sind Teil des Budgets 2017. Hinzu kommen jährlich wiederkehrende Betriebskosten von 37 000 Franken.
Ziel: Gut und günstig
Um der Vetternwirtschaft einen Riegel zu schieben, darf die öffentliche Hand Aufträge ab einer bestimmten Grösse nicht einfach nach eigenem Gutdünken vergeben. In den verbindlichen Submissionsbestimmungen ist bis ins letzte Detail geregelt, wie solche Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Ziel ist die Qualitätssicherung einerseits und die Kostengünstigkeit andererseits.
Auch die Gemeinde Thierachern schrieb den Auftrag öffentlich aus – allerdings soll sie dabei verschiedene Submissionsvorschriften verletzt haben, glaubt die Berner Firma Adfinis Sygroup AG, die sich unter anderem auf IT-Schullösungen spezialisiert hat. Sie hat deshalb beim Regierungsstatthalteramt Thun Beschwerde gegen das Submissionsverfahren der Gemeinde Thierachern erhoben.
«Hinzu kommt, dass im Vorfeld bereits ein Lieferant ein Angebot abgeben konnte, welcher somit in einer beratenden Funktion involviert war.»
«Der Tatbestand der Beschwerdegrundlagen sind unzulässige Eignungskriterien, welche zu einem Ausschluss von Anbietern führt und damit kein Wettbewerb stattfinden kann», steht in der Beschwerde, die dieser Zeitung vorliegt. «Des weiteren muss das Submissionsverfahren angezweifelt werden, da die Submissions-Unterlagen wesentliche Grundlagen der vorbereitenden Kommission mit einem Anbieter nicht offen legt», heisst es weiter.
Es muss Apple sein
Konkret bemängelt die Adfinis Sygroup AG, dass Beschaffung und Eignungskriterien nicht produkteneutral ausgeschrieben worden seien, sondern sich auf einen einzigen Anbieter beschränkten: Apple Inc. Damit schränke Thierachern den Anbieterzugang «unlauter und unnötig» ein, was gemäss der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen nicht legitim sei.
«Beim Lesen der Muss-Kriterien drängt sich der Schluss auf, dass die Kriterien anhand eines bereits vorliegenden Angebots bestimmt wurden, welche den Beschaffungsgegenstand unnötig einschränken», sagte Michael Moser, Verwaltungsratspräsident und Head of Sales and Business Development der Adfinis Sygroup AG, gegenüber dieser Zeitung.
Thierachern habe in den Submissionsunterlagen nicht dokumentiert, dass zwei Firmen (Namen der Redaktion bekannt) bereits vorzeitig ein Angebot zuhanden der vorbereitenden Beschaffungskommission, der Schule und des verantwortlichen Gemeinderates zur Neubeschaffung erarbeitet und vorgelegt hätten.
Diese Auskunft habe Michael Moser von Gemeinderat Bernhard Baumann am 1. Dezember persönlich erhalten. In diesem Bereich des Verfahrens bestehe eine «irreguläre und zulässige vorzeitige Bevorzugung eines, bzw. mehreren Mitbewerber» ohne Offenlegung vorbereitender und beratender Tätigkeiten zum Submissionsverfahren, steht in der Beschwerde ans Regierungsstatthalteramt Thun.
Ausschluss der Berater
Aufgrund der technischen vorliegenden unnötig eingegrenzten Anforderungen und gezielten Produkte-Fokus als Eignungskriterium müsse davon ausgegangen werden, dass anhand einer bereits vorliegenden Angebotsstellung die 1:1 Beschaffung realisiert werden solle, fasst die Beschwerdeführerin zusammen. «Dies ist eine irreguläre, intransparente Einflussnahme eines möglichen Anbieters und muss vom Verfahren vorzeitig ausgeschlossen werden.»
«Hinzu kommt, dass im Vorfeld bereits ein Lieferant ein Angebot abgeben konnte, welcher somit in einer beratenden Funktion involviert war. Diese Informationen sind in den Submissions-Unterlagen nicht dokumentiert. Alle möglichen Anbieter müssen über die gleichen Voraussetzungen verfügen», sagte Michael Moser weiter.
Sehr schlechtes Beispiel
Schützenhilfe erhält die Adfinis Sygroup AG von Matthias Stürmer, Oberassistent und Leiter der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern. Er hat die Submission geprüft und als «recht unseriös» und «nicht legitim gemäss Beschaffungsrecht» bezeichnet. Sie sei bereits als «sehr schlechtes Beispiel innerhalb der Studiengruppe der Forschungsstelle» präsentiert worden, wird Stürmer in der der Beschwerde zitiert.
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