Wenn aus Spass Erfolg wird«Bist du nicht die von Tiktok?»
Ohne dass sie es darauf angelegt hätte, begeistert eine junge Frau plötzlich Zehntausende mit ihren Posts im Internet. Über viel Spass, der auch nachdenklich stimmt.

Als Mrs. Fluffle ist Mara in den sozialen Medien unterwegs. Die selbst ernannte Social-Media-Tante verfolgen auf Tiktok aktuell über 26’000 Menschen. Doch was bedeutet es wirklich, wenn man durch Videos, die zum Spass entstanden sind, plötzlich auf der Strasse erkannt wird?
Angefangen hat alles im Januar 2021 auf der Streaming-Plattform Twitch. Zuerst hat Mara nur anderen Schweizer Streamenden zugeschaut, bevor sie irgendwann Lust bekam, sich selbst mit Zuschauern via Livestream auszutauschen. «Ich habe schon immer gerne Menschen unterhalten und dachte mir einfach: ‹why not?›», erzählt die Zwanzigjährige. Ein guter Entscheid, wie sich herausstellen sollte.
Zunächst streamte sie noch vom Laptop aus. Schon da wuchs die Zahl der Menschen, die ihr zuschauen, stetig – und gleichzeitig auch ihre Freude an der Unterhaltungsvermittlung über die sozialen Medien. Einige Wochen nach dem ersten Twitch-Stream entscheidet sich Mara spontan dazu, eine Rap-Challenge auf Tiktok zu posten. Auf Schweizerdeutsch stellt sie sich selbst mit ein paar Rap-Zeilen vor.
Plötzlich erfolgreich
«Ich hatte bereits Tiktoks von anderen angeschaut, aber nie selbst etwas Ernsthaftes hochgeladen», erinnert sie sich. «Eigentlich habe ich auch dieses Video damals mehr für mich selbst hochgeladen, aber plötzlich bekam es eine Anzahl Aufrufe, mit der ich nicht gerechnet habe.» Das besagte Video hat mittlerweile über 110’000 Aufrufe. Für Mara war es ein Ansporn, zu wissen, dass ihre Comedy-Videos und -Challenges ankommen. Sie begann, regelmässig neue Tiktoks zu drehen. Mit der steigenden Videoanzahl auf ihrem Tiktok-Kanal stieg auch die Followerzahl.
«Durch dieses Tiktok hat sich die Zahl der Abonnenten innerhalb weniger Tage verdoppelt. Das war ziemlich krass.»
Richtig los ging es aber im Juni 2021. Mara plante in ihren Ferien für eine Tour de Suisse, wobei sie innerhalb von zehn Tagen jeden Kanton einmal besucht. «Ich habe mich dann innerhalb von drei Minuten entschieden, ein Video zu drehen und zu fragen, wer von meinen Followern mir gerne ihren Kanton ein bisschen zeigen möchte», erklärt mir Mara. Und sie wurde regelrecht überrannt, als innerhalb von zwei Tagen 2700 Menschen auf ihr Video reagierten und sich als Reiseführerin oder Reiseführer zur Verfügung stellten.
«Durch dieses Tiktok hat sich die Zahl der Abonnenten innerhalb weniger Tage verdoppelt. Das war ziemlich krass.» Aufgrund des grossen Interesses entscheidet sich Mara dazu, ihre Schweizer Reise auf Tiktok festzuhalten. So wächst ihr Tiktok-Kanal weiter.
«Ich finde es schön, dass Leute meinen Humor teilen und mir nicht bloss folgen, weil ich gut aussehe oder grenzwertige Dinge tue.»
Heute folgen ihr über 26’000 Menschen. «Es ist schwer, sich diese Anzahl Menschen wirklich vorzustellen. Das ist mehr als anderthalbmal das Hallenstadion», sagt Mara, fügt aber an, dass Tiktok-Follower gar nicht so aussagekräftig seien, sondern vielmehr die Videoaufrufe. Denn nicht jedes Video landet automatisch auf dem Feed aller Zuschauerinnen und Zuschauer. Und gerade auf Tiktok sei es schwer einzuschätzen, welche Videos viele Menschen erreichten.
Das stört Mara aber nicht. Sie macht ihre Videos zum Spass und nicht, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren. «Ich finde es schön, dass Leute meinen Humor teilen und mir nicht bloss folgen, weil ich gut aussehe oder grenzwertige Dinge tue», betont sie. Da sie selbst auch viele junge Follower hat, ist ihr ihre Vorbildfunktion durchaus bewusst.
Die Sache mit der Werbung
Trotzdem ist Tiktok für Mara mittlerweile Hobby und Job zugleich. «Es war nie mein Ziel, mit meinen Videos Geld zu verdienen, aber mit der wachsenden Zahl an Zuschauerinnen und Zuschauern kamen plötzlich Kooperationsanfragen von Firmen», erklärt Mara. Geld mit Social Media werde vor allem durch Werbekooperationen verdient. Ein Konzept, das Mara oft selbst hinterfrage, sagt die Medienwissenschafts- und Kulturanthropologie-Studentin.

«Einerseits konsumieren meine Zuschauerinnen und Zuschauer dadurch Werbung, andererseits steht es ihnen auch frei, ob sie meine Inhalte konsumieren.» Mara macht für sich den Kompromiss, dass sie nur Kooperationen annimmt, hinter denen sie auch voll und ganz stehen kann. «Tiktok ist für mich ein Nebenjob und wird es auch bleiben. Besonders mit schweizerdeutschen Inhalten ist es sehr schwierig, von Tiktok zu leben.»
Wachsender Druck
Doch auch der Social-Media-Erfolg hat seine Kehrseiten. Um relevant zu bleiben, sei es wichtig, regelmässig neue Inhalte zu kreieren, was mit einem gewissen Druck verbunden sei. Gerade weil der Aufwand, der hinter einem Video steckt, oft grösser ist, als es für das Publikum den Anschein macht, ist es manchmal nur schwer mit dem Privatleben vereinbar. So möchte Mara auch nicht, dass wir hier ihren Namen nennen.
«Ich bin zu einem grossen Teil mich selbst, aber gefiltert.»
Nicht nur deshalb sei es schwierig, Privates und Öffentliches zu trennen. Mrs. Fluffle ist für Mara nämlich keine Rolle, die sie von sich abtrennen und spielen kann. «Ich bin zu einem grossen Teil mich selbst, aber gefiltert», erläutert sie. Deshalb habe sie nur wenig negative Reaktionen aus ihrem direkten Umfeld erhalten. Auch wenn manche sie anfangs belächelten, änderte sich das mit steigendem Erfolg. Damit kam aber ein neues Problem. Plötzlich wurde sie auf der Strasse erkannt und musste sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre eigene Privatsphäre schützen kann.
Social Media als Chance
Trotzdem sieht Mara Tiktok vor allem als Chance. «Ich konnte so viele tolle Erfahrungen machen und Menschen kennen lernen, was sonst wahrscheinlich nie so passiert wäre», schwärmt sie. Sie findet selbst, dass der Umgang mit den sozialen Medien enttabuisiert werden sollte. «Man sollte junge Menschen darüber aufklären, wie man Social Media richtig nutzt. Grundsätzlich bietet es allen eine Chance, sich online kreativ auszuprobieren», sagt sie und fügt an, dass man sich aber auch den damit einhergehenden Gefahren und Herausforderungen bewusst sein muss. Für sie scheint es jedoch der richtige Weg zu sein, und sie hofft, auch zukünftig mit ihren Videos gut Laune zu verbreiten.
Mara folgen: www.tiktok.com/@mrsfluffle
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