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«Spiel mir das Lied vom Trotz»

Was tun bei kleinkindlichen Trotz-Attacken beim Einkaufen? Unser Autor verrät seine Strategien – und gibt zu, dass sie nichts nützen.

2019-11-18 06:00
Luk von Bergen
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Von Blog-Redaktion (publiziert am Sat, 16 Nov 2019 04:00:27 +0000)

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Erst landet der Self-Scanner im Kopfsalat, dann kickt sie mich mehrmals genau dorthin, wo sie zur Hälfte herkommt. «Ok, aussteigen», japse ich und hebe die Kleine aus dem Kindersitz des Einkaufswagens. Auf Höhe Zwerg ist in diesem Laden ab sofort kein Artikel mehr sicher. Ich ahne schon jetzt, dass ich geschnetzelter aus dieser Geschichte rauskommen werde als das Poulet vor mir im Tiefkühler.

Klar, Kindchen findet es superuncool, dass ich alles, was es aus den Regalen fummelt, gleich wieder konfisziere. Bei den Chips hört der Spass dann definitiv auf. Sie hechtet mit einem lauten «Näääääi!» flach auf den Boden. High Noon in der Migros – ein unfaires Duell. Hier diese wehrlose Person, die doch nur tut, was sie tun muss. Da meine Tochter, zweieinhalb Jahre alt, Profi-Trotzerin. Sie ist Clint Eastwood, ich maximal Räuber Hotzenplotz.

Ich kneife die Augen zusammen, setze mein «bitte-gehen-Sie-weiter-es-gibt-hier-überhaupt-nichts-zu-sehen-Gesicht» auf. Situation abchecken, Heckenschützen lokalisieren. Da, links bei den Gummischlangen wiehern sich zwei Muttis zu. Im Auge behalten, sie könnten gefährlich werden. Denn mischen sich Muttis in solche Duelle ein, findest du deine väterliche Erziehungskompetenz danach bei den Freilandeiern wieder.

Die Kleine macht keinen Mucks. «Zieh, Baby, schiess los», denke ich. Aber die Sirene startet erst so richtig, wenn ich mich nähere. «Näi!», tönt es aus dem Mündchen des Trotzköpfchens bei meinem Versüchlein, es wie ein umgekipptes Ständerlämpchen wieder auf die Beinchen zu stellen. «Näi-äi-äi!», grosses Tränen-Tremolo-Trotz-Theater, Marke extrastur. Und ich spüre nun förmlich, wie dieses zähflüssiggrüne Überforderungssekret aus meinen Ohren auf den Boden tröpfelt.

«Liegen lassen, sie steht schon wieder auf», wiehert jemand. Eine der Muttis galoppiert auf mich zu. «Liegen lassen?», muffe ich, «gerne, ich hol die Kleine dann gegen Abend bei Ihnen ab. Klugscheisserweg 1a, ja?» Mutti wiehert verdutzt: «Ihre Kundenkarte ist runtergefallen, habe ich gesagt.» «Wo, bei den Freilandeiern?» Liegen lassen funktioniert nie: x-mal den eigenen Abgang ankünden, x-mal verschwinden, x-mal zurückkehren – Situation dieselbe, Gesicht auch bei den Eiern.

«FAK!», denke ich, «FAK!». FAK, eine selbst entwickelte GABI-artige Nothilfestrategie bei Trotzattacken. F, wie Füttern? «Näi!» A, wie Ablenken: «Hör mal, die Frau dort wiehert wie ein Pferd!»? «Näi!» Rotköpfig zünde ich Stufe K, wie Kiosk: Unter den Arm klemmen, bezahlen, verduften und hoffen, dass man nicht erkannt wird. Genauso wie damals zu Teenager-Zeiten am Kiosk, wenn man sich ein Magazin mit spärlich bekleideten Protagonistinnen organisiert hat.

Stufe K ist effizient, hat aber laute Nebenwirkungen – von der Kasse bis ins Parking. Der Kleinen ist’s egal. Kaum im Auto, schläft sie ein. Ich atme tief durch und nehme mir vor, beim nächsten Trotzflötenkonzert gelassener zu bleiben. Und ich weiss schon jetzt, dass es mir nicht gelingen wird – «Potz-Pulverdampf-und-Pischtolerauch!»

Der Beitrag «Spiel mir das Lied vom Trotz» erschien zuerst auf Mamablog.

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2019-11-18 06:00
Luk von Bergen