Geldberater: Der Marktschrei(b)erCembra will Cumulus-Kunden ködern
Emmi strotzt vor Kraft +++ Bank BNP agiert auf solidem Fundament +++ Helvetia wechselt das Präsidium geschickt aus +++ Huber+Suhner ist unter Strom.

Cembra: Kaufen
Noch sitzt Cembra der Verlust der Migros als grösster Kreditkartenpartnerin in den Knochen. Die Aktien der Konsumkreditbank haben in diesem Jahr rund 40 Prozent verloren. Mit der erwarteten Schrumpfung des Kreditkartenbereichs entwich jegliche Wachstumsfantasie aus den Titeln. So blickten Anlegende gespannt auf den Investorenanlass vom Dienstag, um herauszufinden, wie die Bank die Besitzenden der Cumulus-Kreditkarte ab Mitte 2022 bei sich halten will. Ob Cembra es schafft, die Migros-Cumulus-Kunden mit einem neuen Angebot zu ködern, konnte Unternehmenschef Holger Laubenthal nicht abschliessend beantworten. Doch es scheint realistisch, dass Cembra Daten und Know-how besitzt, um genug zu überzeugen. Das sowie eine Sparübung und Investitionen in die Digitalisierung werden die Dividende von 3.75 Franken sichern, was den Aktien eine attraktive Rendite von 5,7 Prozent verschafft. Die Dividendenstory bleibt also bestehen. Und ich traue dem Management zu, dass mehr als nur eine Dividende drinliegt. Die Aktien sind historisch günstig bewertet und bieten für langfristig Orientierte eine Einstiegsgelegenheit. Kaufen
Emmi: Halten
Ich staune immer wieder, wie gut Emmi durch die Krise segelt. Der Luzerner Milchgigant ist so gut in Form, dass er sogar bedeutend höhere Preise wegstecken kann. Kaffee zum Beispiel, Hauptzutat für den Kassenschlager Caffè Latte, ist auf dem Weltmarkt 50 Prozent teurer als im langjährigen Durchschnitt. Ähnliches gilt für das Futtermittel der Milchbauern und die Logistik. Trotzdem wird Emmi seine Gewinn- und Margenziele erreichen. Die Aktionäre können von dieser Seite her mit Unterstützung für den Aktienkurs rechnen. Das funktioniert, weil der abtretende Chef Urs Riedener das Unternehmen mit starken Marken in lukrativen Nischen positioniert hat, eine schlanke Kostenstruktur hilft ebenfalls. Zudem konnte er die Stagnation im Heimmarkt mit einer cleveren Auslandsstrategie mehr als kompensieren. Der Dauerläufer Riedener hat geschafft, woran andere bis heute knobeln – ein Blick auf den kriselnden Konkurrenten Hochdorf genügt. Spurlos geht die Inflation allerdings auch an Emmi nicht vorbei. Solange die Pandemie anhält, wird der Handel in den Aktien nervös bleiben. Halten
BNP Parisbas: Halten
Die Aktien einer französischen Grossbank im Depot zu haben, mag ein schräger Gedanke sein. Dennoch ist BNP Paribas nicht zu unterschätzen. Sie ist ein sehr umsichtig geführtes Institut, breit diversifiziert und, gemessen an der Bilanzsumme, Europas grösste Bank. In den letzten zwölf Monaten haben die Titel 30 Prozent zugelegt. Der Kurs der BNP-Aktie beträgt trotzdem nur etwa 70 Prozent ihres materiellen Buchwerts. Offenbar sind die Investierenden nicht ganz überzeugt von der Bank, obschon sie sich während der letzten zehn Jahre kontinuierlich gesteigert hat. Zuverlässigkeit ist der Trumpf der BNP. Die jüngsten Zahlen zeigen ein ansprechendes Wachstum der Gruppe, sowohl im angestammten Retailgeschäft (in Frankreich, Belgien, Luxemburg und Italien) als auch im Firmenkundengeschäft und Investmentbanking. Mir scheint, das Management habe die Risiken im Griff. Mit einem Kosten-Ertrags-Verhältnis von rund 65 Prozent steht BNP Paribas auf gutem Fundament, auch wenn da und dort der Ertrag etwas einbrechen sollte. Halten
Helvetia: Kaufen
Im Verwaltungsrat von Helvetia gibt Präsidentin Doris Russi Schurter das Amt aus persönlichen Gründen nächsten Frühling ab. Der Zeitpunkt ist so schlecht nicht. Der Versicherer ist, gemessen am deutlich verbesserten Semesterergebnis, flott in Richtung der Strategieziele 2025 unterwegs. Zunächst wird ab nächstem Frühling Vizepräsident Thomas Schmuckli den Verwaltungsrat leiten und ab 2023 dann Axel Lehmann (einst bei Zurich Insurance, heute Verwaltungsrat von Credit Suisse). Er soll 2022 ins Gremium gewählt werden und erst mal für ein Jahr Erfahrung sammeln. Helvetia ist im Heimmarkt und in weiteren europäischen Ländern ein wichtiger Anbieter von Schadenversicherungen sowie Vorsorgekontrakten. Dank der Grossakquisition in Spanien trägt das Europageschäft mittlerweile ein Drittel zum Konzerngewinn bei. Deswegen sind die Helvetia-Aktien nach schwacher Performance im vergangenen Jahr inzwischen lebhaft gefragt. Mir gefällt, dass das Unternehmen nur einen begrenzten Teil des jährlichen Cashflows für die Expansion zurückbehalten muss. Da der Kapitalstock reicht, kann Helvetia grosszügig mit der Dividende sein. Kaufen
Huber+Suhner: Kaufen
Der Kabel- und Elektrotechnikhersteller Huber + Suhner hat die Gewinnprognose für das laufende Jahr erhöht. Neu soll die Betriebsgewinnmarge auf über 11 Prozent steigen, bisher hiess es, die mittelfristige Zielspanne von 8 bis 10 Prozent werde leicht übertroffen. Die Prognoseanhebung kommt nicht ganz überraschend. Schon in der ersten Jahreshälfte expandierte das Unternehmen stark, und im dritten Quartal beschleunigte es weiter. Mitte Jahr lag der Umsatz 13 Prozent höher, nach neun Monaten betrug das Wachstumstempo schon fast 15 Prozent. Absatzsteigerungen haben üblicherweise einen günstigen Einfluss auf die Marge. Und auch der Start ins nächste Jahr wird kraftvoll ausfallen, denn der Auftragseingang ist noch stärker gestiegen als der Umsatz. Der Arbeitsvorrat reicht weit ins neue Jahr. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22 sind die Aktien für mich nicht hoch bewertet, erst recht nicht, da das Unternehmen Zukunftsmärkte wie die Kommunikation und die E-Mobilität bedient und derzeit eigene Aktien zurückerwirbt. Kaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch
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