Zu Stimmrechtsalter 16Darf ich vielleicht auch bald abstimmen gehen?
Das könnte durchaus sein, denn am 25. September wird über das Stimmrechtsalter 16 abgestimmt. Ein paar Pro- und Kontra-Argumente.

Am 25. September ist es wieder so weit: Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger können an die Urnen treten und sich in ihren Privilegien unserer halb-direkten Demokratie austoben – abgesehen von allen, die unter 18 Jahre alt sind. Doch auch genau dies könnte sich an diesem Abstimmungssonntag ändern, zumindest im Kanton Bern. Denn der Grosse Rat hat einer Verfassungsänderung zugestimmt, die das Stimmrechtsalter 16 zukünftig befürworten würde.
Im Moment bekommt man – abgesehen vom Kanton Glarus, wo das Stimmrechtsalter bereits im Jahr 2007 auf 16 gesenkt wurde – mit 18 Jahren das aktive wie auch das passive Stimmrecht. Das heisst, man darf wählen, abstimmen aber auch selbst gewählt werden. Würde die Verfassungsänderung im Kanton Bern am 25. September angenommen werden, erhielten die Jugendlichen im Kanton Bern bereits ab 16 die Möglichkeit, auf kantonaler und Gemeindeebene wählen und abstimmen zu können. Selbst gewählt zu werden, wäre aber weiterhin nicht möglich.
Das Stimmvolk wird immer älter
Laut dem Bundesamt für Statistik lebten im Kanton Bern 2020 gut 720’000 stimmberechtigte Schweizerinnen und Schweizer über 18 und rund 16’000 Jugendliche, die 16 oder 17 Jahre alt waren. Dies macht im Vergleich etwa 2,2 Prozent aus – also gar nicht allzu viel.
Also was spricht denn überhaupt gegen und für eine solche Senkung?
Ein erster Grund, der dafür spricht, ist die immer älter werdende Bevölkerung in der Schweiz. So rückt die Babyboomer-Generation langsam, aber sicher in Richtung Pension, und die Wählerschaft wird immer älter.
Mit der Anpassung des Stimmrechtsalters könnte ein erster Ausgleich zu diesem zunehmenden Alter geschaffen werden. Schlussendlich sind die Jugendlichen die, die am längsten mit den Konsequenzen unseres heutigen Handelns leben müssen.
Werden Ungleichheiten geschaffen?
Ja, aber kann sich denn jeder und jede mit 16 schon eine eigene Meinung bilden? Ist man nicht viel zu leicht beeinflussbar – von Freunden, von Werbungen und auch von den Eltern? Gerade erst die Schule abgeschlossen und schon abstimmen wollen – das passt vielleicht nicht so in unser Weltbild. Des weiteren sagen die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage, dass ein Ja zu zu vielen Ungleichheiten führe. So dürfte man schon mit 16 abstimmen, ist aber erst ab 18 strafmündig, kann gewählt werden und muss Steuern zahlen. Ausserdem entstehe so auch eine Differenz zu den anderen Kantonen.
Aber ist es denn unbedingt besser, wenn mit 18 auf einmal alle Entscheide getroffen werden müssen? Schliesslich beginnt in diesem Lebensjahr so viel Neues – ist es praktischer, wenn in genau diesem Lebensabschnitt auch noch die Politik dazukommt? Würde das Stimmrechtsalter auf 16 gesenkt, wäre alles ein bisschen verteilt, und man hätte einen «sanfteren» Einstieg. Auch würde das politische Mitspracherecht direkt an die obligatorische Schulzeit anknüpfen, wodurch sich Jugendliche mehr gehört, respektiert und akzeptiert fühlen könnten.
Interesse an der Politik wecken
Befürworterinnen und Befürworter der Vorlage sagen ausserdem, dass ein früheres Mitspracherecht in unserem System ein längerfristiges Interesse an der Politik wecken könne und somit auch die Stimm- und Wahlbeteiligung steigen würde. Zudem könne sich unsere Demokratie in Zukunft auf ein breiteres Feld von aktiv abstimmenden Menschen stützen.
Logistischer Mehraufwand
Zu bedenken gibt es aber noch, wie so oft, die Ressourcen. Einerseits würde die Senkung des Stimmrechtsalters einen Mehraufwand für die einzelnen Gemeinden bedeuten, da die 16- und 17-Jährigen anderes Stimmmaterial bekommen müssten. Es stellt sich auch die Frage, ob es nötig ist, Tausende weitere Couverts zu verschicken, die dann vielleicht doch nicht gebraucht oder gelesen werden.
Jedoch beträgt die Wahlbeteiligung allgemein im Durchschnitt meist unter 50 Prozent. Somit ist dieses Problem mit den «unnötigen» Couverts nicht neu und könnte vielleicht sowieso einmal überdacht werden. Ein grosser Unterschied würden die Couverts für die 16- und 17-Jährigen dann wahrscheinlich nicht ausmachen.
Der Drang, etwas zu bewegen
Und zum Schluss gibt es da noch dieses eine Gegenargument: Die Jugendlichen interessieren sich gar nicht für Politik, und falls die Abstimmung angenommen würde, würde es nicht wirklich etwas verändern – es wäre nur ein grosser Aufwand für nichts.
Dazu möchte ich noch kurz meine persönliche Meinung als 16-Jährige äussern: Klar, es wird nie jeder abstimmen gehen, und ja, es gibt viele Jugendliche, die sich nicht für die Politik interessieren. Aber dennoch kenne ich sehr viele junge Menschen, die sich engagieren möchten, die den Drang haben, etwas zu verändern, und die ganz bestimmt ein Interesse an all dem haben. Ich glaube, wir sind uns durch die sozialen Medien einfach viel mehr bewusst, was alles passiert, sind auf dem Laufenden, können uns ziemlich leicht informieren und denken somit auch mehr darüber nach.
Damit will auch niemand sagen, dass früher kein Interesse herrschte. Nur war es damals natürlich komplizierter, sich zu informieren. Aber so ist es eben: Zeit vergeht, vieles ändert sich, und es ist unsere Aufgabe, mit diesem Wandel mitzugehen und zu entscheiden, was wir für richtig halten.
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