Investitionsrechnung des Kantons BernDefizit soll wegen Corona nicht kompensiert werden müssen
Der Kanton Bern soll den Finanzierungsfehlbetrag von 114,6 Millionen Franken in der Investitionsrechnung ausnahmsweise nicht ausgleichen müssen.

Mit dem Vorschlag, auf die Kompensation zu verzichten, schliesst sich die Finanzkommission des Grossen Rates (Fiko) der Meinung der Kantonsregierung an. Die Kommission teilte am Dienstag mit, erstens sei dieser Fehlbetrag massgeblich auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Diese Pandemie sei ein unerwartetes Ereignis und stehe ausserhalb des Einflussbereichs des Kantons Bern.
Zweitens mache sich der Kanton Bern in den nächsten Jahren an den Abbau des Investitionsstaus. Dieser bedeute eine hohe Zusatzbelastung für die Kantonsfinanzen. In dieser Situation wäre eine Kompensation des Finanzierungsfehlbetrags «eine unnötige Mehrfachbelastung».
Es geht um Schuldenbremse
Die Berner Verfassung schreibt vor, dass der Kanton Bern Finanzierungsfehlbeträge in der Investitionsrechnung im Voranschlag des übernächsten Jahres und der drei daran anschliessenden Jahre zu kompensieren hat. In der Verfassung heisst diese Vorgabe Schuldenbremse für die Investitionsrechnung.
Als die kantonale Finanzdirektorin Beatrice Simon Ende März die Jahresrechnung 2021 präsentierte, sagte sie, von den insgesamt 412 Millionen Investitionen hätten 115 nicht aus eigenen Mitteln aufgebracht werden können.
Den Verzicht auf die Kompensation muss der Grosse Rat mit einer Dreifünftel-Mehrheit der Stimmen genehmigen. Das sind 96 Stimmen. Im Juni entscheidet der Grosse Rat bei der Beratung des Geschäftsberichts des Kantons Bern, ob er die Anträge von Regierung und FiKo annimmt, auf die Kompensation des Finanzfehlbetrags zu verzichten.
FiKo ist «verhalten positiv»
Ebenfalls in der Kantonsverfassung verankert ist eine zweite Schuldenbremse: jene für die Laufende Rechnung. Auch diese verletzt die Rechnung 2021 des Kantons Bern mit einem Aufwandüberschuss von 63,2 Millionen Franken.
Das Defizit fiel aber viel geringer aus als befürchtet. Die FiKo ist laut ihrer Mitteilung vom Dienstag erleichtert. Sie glaubt, dass die Kompensation dieses Betrags angesichts der moderaten Höhe möglich ist.
Die finanziellen Aussichten des Kantons Bern für die kommenden Jahre sieht die FiKo trotz weiter bestehender grosser Unsicherheiten «verhalten positiv». Mit Unsicherheiten meint sie etwa den Krieg in der Ukraine und die steigende Inflation.
Dass der Kanton Bern Überschüsse erziele, sei unter anderem für die anstehende Bewältigung des Investitionsmehrbedarfs wichtig. Um die ordentlichen Nettoinvestitionen von 450 Millionen Franken längerfristig aus eigenen Mitteln bestreiten zu können, seien jährliche Ertragsüberschüsse von etwa 150 Millionen notwendig.
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