Der Sanitär mit dem virtuellen Bad
Andreas Zimmermann aus Spiez bittet Kunden, die bei ihm ein Bad bauen lassen, neuerdings zuerst zum virtuellen Rundgang. Was in Computerspielen schon lange gang und gäbe ist, wird jetzt auch in der Baubranche salonfähig.

Ich stehe im Badezimmer, blicke in die mit Wasser gefüllte Badewanne und beobachte das kleine gelbe Entchen. Es schwimmt und schwimmt und schwimmt und treibt auf die Badewannenwand zu – bis es in dieser verschwindet. Ich grinse, Andreas Zimmermann lacht. «Das muss ich dem Softwarehersteller melden.»
Das magische Badeentchen, das in der Wand verschwinden kann, ist ebenso wenig real wie die Badewanne, geschweige denn das ganze Badezimmer. Zimmermann hat den Raum für einen Kunden gestaltet, ich bewege mich nur virtuell darin. Tatsächlich stehe ich im Showroom der A. Zimmermann AG an der Oberen Bahnhofstrasse in Spiez und habe eine Virtual-Reality-Brille (VR-Brille) auf dem Kopf.
Einer von dreien schweizweit
Das Spiezer KMU ist eine von derzeit drei Sanitärfirmen in der Schweiz, bei welchen die Kunden ihre Bäder schon vor dem Bau virtuell betreten können. Zimmermann hat Anfang Jahr die Marke Badprofis.ch lanciert – zum einen als Marketingvehikel, zum anderen, um den Kunden etwas Neues zu bieten.
«Wir müssen in Bewegung bleiben und Neues ausprobieren», sagt der 40-jährige Firmeninhaber. Die VR-Brille sei «sowohl Spielerei als auch echte Hilfe», sagt er. «Es gab schon immer Menschen, die konnten sich nichts Konkretes vorstellen, selbst wenn sie imstande sind, zweidimensionale Pläne zu lesen», sagt Zimmermann. «Für diese ist der virtuelle Gang durch ihr neues Badezimmer zweifellos eine Hilfe bei der Planung.»
Diese Hilfe gelte freilich auch für Mitarbeiter: «Bei der Mehrheit der Bäder, die wir für die Brille grafisch aufbereitet und gebaut haben, setzte ich die Brille den Mitarbeitern auf, bevor ich sie auf die Baustelle schickte», sagt Zimmermann. «Es war erstaunlich, welche Gespräche über bauliche Details und Feinheiten wir führten, die wir anhand von Plänen nicht hätten führen können.»
So gesehen sei das virtuelle Badezimmer nicht nur für Kunden eine Hilfe, sondern auch für die Mitarbeiter, die es bauen müssen. So wurden heuer mehr als die Hälfte der Bäder aus dem Hause A. Zimmermann AG mithilfe der VR-Software gestaltet und umgesetzt.
Während die Anschaffung der Brille finanziell «kaum der Rede wert» sei, schlage die Software «ordentlich» zu Buche, sagt Zimmermann. Das Notebook, auf dem die Software läuft, hatte er indes schon, um CAD-Pläne zu zeichnen. «Um mit den Anforderungen in Sachen Grafik zurechtzukommen, ist schon ein gröberes Gerät nötig», fährt er fort.
Um ein Bad ab einem zweidimensionalen Plan virtuell begehbar zu machen, brauche er rund anderthalb Stunden. «So gesehen sind die Investitionen überschaubar», sagt Andreas Zimmermann. «Aber wie gesagt: Für mich ist wichtiger, dass die Firma durch die Kampagne, die wir rund um das VR-Programm fahren, im Gespräch bleibt.» Denn: Immer mehr drängen auch grosse Hersteller von Badezimmer- und Sanitärkomponenten in den Markt.
Da kommt noch mehr
Der Inhaber der Firma mit neun Mitarbeitenden ist überzeugt, dass die Entwicklung noch lange nicht am Ende ist. «Bald werden wir Spiegelbilder der Person darstellen können, die virtuell im Bad stehen, es wird möglich sein, Handtücher abzuheben oder Toilettendeckel virtuell zu öffnen», sagt er.
Gleichzeitig schränkt er ein, dass viele Softwarehersteller bewusst darauf verzichteten, die virtuellen Räume fotorealistisch darzustellen. «Wenn plötzlich ein Detail, eine Spiegelung oder ein Lichtreflex in der echten Welt nicht dem virtuellen Vorbild entspricht, kann es sein, dass die Kunden sich beschweren.» Mit einer bewusst grafisch gehaltenen Darstellung der Gegenstände könne dies umschifft werden. «Aber trotz allem: Badeentchen, die in der Badewannenwand verschwinden, darf es nicht geben.»
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