Weil Kahun lange ausfälltDer SCB holt einen prominenten Ersatz
Der kanadische Stürmer Tyler Ennis wechselt bis Saisonende zu Bern. Der frühere NHL-Erstrunden-Draft ist auch in der Schweiz kein Unbekannter.

Das genaue Ausmass der Verletzung von Dominik Kahun ist weiterhin offen, weitere medizinische Untersuchungen am Montagnachmittag sollen Klarheit verschaffen. Doch beim SC Bern geht man mittlerweile davon aus, dass sein Nummer-1-Center ein bis zwei Monate ausfallen könnte, nachdem er sich am Samstag gegen Ambri (4:3-Sieg nach Verlängerung) beim ersten Bully der Overtime eine Schulterblessur zugezogen hat.
Der 27-jährige Deutsche hatte bereits den Saisonstart verletzt verpasst und hat seit seinem Comeback erst sieben Spiele bestritten. Sein Einfluss vor allem auf das Offensivspiel und das Powerplay der Berner war aber immens.
Der grosse Wert Kahuns
Der SCB war zuletzt zwar grundsätzlich immer besser in Fahrt gekommen, auch wenn er häufig erst in der Overtime gewann, weil er regelmässig späte Ausgleichstreffer hinnehmen musste, zuletzt in fünf der letzten sechs Spiele! Seit Kahuns Rückkehr, und das zeigen auch die unbestechlichen Analytics, war der SCB ligaweit top, wenn es ums Kreieren von Torgefahr geht.
Darum schrillten die Alarmglocken in der Bundesstadt, als sich Kahun am Samstagabend schwer verletzte. Es war offensichtlich keine Option, die vier bis acht Wochen nur mit fünf statt sechs ausländischen Spielern zu bestreiten. Und Sportchef Andrew Ebbett wurde schnell fündig: Der 33-jährige Tyler Ennis wechselt bis Saisonende zum SCB.
Ebbett scheint vom früheren NHL-Erstrundendraft (Buffalo, 2008, Nummer 26) mit der Erfahrung von 724 Spielen in der besten Liga derart überzeugt, dass er von seinem Vorhaben abwich, einen 1:1-Center-Ersatz für Kahun zu verpflichten. Ennis hat zwar vor allem in seiner frühen Karrierephase auch viel Erfahrung als Mittelstürmer gesammelt, seine letzte Saison als Center spielte er aber 2013/14 in Buffalo. Seither wurde er in Buffalo, Minnesota, Toronto, Ottawa, Edmonton und wieder Ottawa fast ausschliesslich als Flügelstürmer eingesetzt.

Der nur 1,75 Meter grosse Stürmer ist auch in der Schweiz kein Unbekannter, er bestritt den Beginn der Lockout-Saison 2012/13 zusammen mit dem heutigen Minnesota-Captain Jared Spurgeon bei den SCL Tigers. Ansonsten hat Ennis als Profi mit einer kurzen Ausnahme (Portland/AHL 2009/10) stets in der NHL verbracht.
Nach einem vielversprechenden Start in seine NHL-Karriere bei Buffalo erhielt er in den letzten Jahren meist nur noch Rollen in den hinteren Reihen. Regelmässige Verletzungen bremsten Ennis zudem immer wieder aus. Dass er immer noch ein guter Skorer auf höchstem Level sein kann, bewies er aber bei seinen beiden Aufenthalten in Ottawa in jeweils schwachen NHL-Teams.
Letzte Saison kam er trotz nur knapp 13 Minuten Eiszeit pro Spiel auf 24 Skorerpunkte (acht Tore) in 56 Spielen, 2019/20 waren es bei knapp 15 Minuten Eiszeit deren 33 (davon 14 Tore) in 61 Partien. Zuletzt spielte Ennis in Ottawa mit SCB-Verteidiger Cody Goloubef, die beiden Freunde gewannen 2009 zudem gemeinsam WM-Gold mit Kanadas Junioren – auch Berns Topskorer Chris DiDomenico war dabei.
Breite und Herausforderung für den Coach
Mit Ennis weiss der SCB nun sieben Importspieler im Team, pro Partie dürfen seit dieser Saison sechs eingesetzt werden. Mit der Verpflichtung des Kanadiers hat Headcoach Johan Lundskog damit vor allem in der Offensive mit fünf ausländischen Stürmern viele Optionen. Allerdings auch die Qual der Wahl: Sobald alle wieder gesund sein sollten, muss einer jeweils als überzähliger Spieler auf die Tribüne. Wer wird das sein?
Kahun, DiDomenico oder Oscar Lindberg? Schwierig vorstellbar. Colton Sceviour? Der Krampfer und Wühler hat bislang die Erwartungen eher übertroffen, ihn aus dem Line-up zu nehmen, würde das bislang nicht immer überzeugende Penalty-Killing weiter schwächen und die Balance in der Berner Offensive eher ungünstig verändern.
Also einer der beiden Verteidiger Goloubef oder Éric Gélinas? Letzterer hat bislang nicht nur überzeugen können, er hat allerdings auch noch keine Chance im Powerplay erhalten, eine seiner grössten offensiven Stärken einzusetzen: Mit seinem wuchtigen Slapshot erzielte er zuvor in Schweden manch ein Tor, beim SCB wird er in Überzahl ausschliesslich bei 5-gegen-3 und 4-gegen-3, nicht aber regulär bei 5-gegen-4 eingesetzt, dort werden die Blueline-Positionen fix von den Schweizern Romain Loeffel und Ramon Untersander eingenommen.
Was der bisherige Saisonverlauf vor allem aber auch gezeigt hat: Dem SCB fehlt die Breite in der Defensive, um auf Gélinas und vor allem Goloubef verzichten zu können.
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