Der Schillernde und die Geheimnisvolle
Die Steinmann-Stiftung Schloss Wyl präsentiert erstmals Malerei und Skulpturen von Ted Scapa (88) und seiner 2016 verstorbenen Frau Meret Meyer Scapa.
Sie lernen sich beim Fechten kennen: Ted Scapa und seine 2016 verstorbene Frau Meret Meyer Scapa. Aus diesem ersten Gefecht in einem Berner Club wird eine lebenslange Liebe. 1962 übersiedelt das Paar nach Bern und heiratet. Meret Meyer Scapa betätigt sich als moderne Tänzerin, Malerin und Keramikerin, Scapa leitet die Benteli-Druckerei und den Verlag. Beide machen Kunst. Eigene Kinder und adoptierte ziehen sie auf Schloss Vallamand am Murtensee auf, dort, wo Kunst und Leben eins werden. Eine gemeinsame Ausstellung gibt es aber nie.
Nun präsentiert Matthias Frehner, der 2018 in den Ruhestand getretene ehemalige Direktor am Kunstmuseum Bern, auf Schloss Wyl erstmals eine Gegenüberstellung der beiden. Schlossherr und Präsident der Steinmann-Stiftung Schlosswil ist der Medienwissenschaftler Matthias Steinmann. Er hat das Schloss, einst Sitz der kantonalen Verwaltung und Justiz, 2011 gekauft. Frehner hatte im Rahmen der von ihm betreuten Ausstellungsreihe «Kunst im Turm» freie Wahl und hat rund hundert Werke – mehrheitlich Malerei – berücksichtigt. Das erste Geschoss ist Meret Meyer Scapa gewidmet, das zweite und das dritte dem Dialog der beiden, das vierte und das fünfte Geschoss ausschliesslich Ted Scapa. Im ersten Raum hängt als Auftakt eine Fotografie der jungen Meret Meyer Scapa.
Es sei Ted Scapas Wunsch gewesen, die Fotografie in die Schau zu integrieren, sagt Frehner. Dadurch bekommt der Saal etwas von einem Gedenkraum. Meret Meyer Scapas Malerei wirkt wie einem Traum entsprungen. Es sind zauberhafte, innerliche Welten, die sehr eigen sind, sich aber auch offensichtlich an unterschiedlichen Strömungen der Kunstgeschichte orientiert haben. Meyer Scapa lernte unter anderem in Paris bei dem Kubisten Fernand Léger und dem Surrealisten Max Ernst. Auch der Einfluss von Paul Klee ist spürbar.
Monster und Blumen
Auf einem kleinformatigen Gemälde entdeckt man einen blauen Wald, in dem ein goldenes Fabelwesen, das zwei Köpfe hat, steht. Auf schwarzen Grund gemalt, treten das Tier und die Pflanzen mit besonderer Leuchtkraft hervor. Anderswo lassen einem zwei groteske Bestien, die regelrecht ineinander verzahnt sind, im Ungewissen, ob sie sich lieben oder kämpfen. Blumen haben in Meyer Scapas Welt Zähne oder erinnern an weibliche Geschlechtsorgane. Ein Kopf aus Keramik lässt mit unzähligeneierähnlichen Auswüchsen an Fruchtbarkeitsgöttinnen denken. Ein Werk, das so geheimnisvoll wie seine Schöpferin ist. Meret Meyer Scapa war eine Künstlerin, die bis zu ihrem Tod 2016 kaum in Erscheinung trat.
«Meine Mutter hat für sich selbst Kunst gemacht.»
«Meine Mutter hat für sich selbst Kunst gemacht», sagt Tochter Tessa Scapa. Wen man hingegen in der ganzen Schweiz kennt, ist Ted Scapa, ihren Ehemann. Der 1931 in Amsterdamals Eduard Schaap geborene Künstler hat sich national als Cartoonist, Werbegrafiker, Verleger und Zeichner der legendären SRF-Kindersendung «Das Spielhaus» einen Namen gemacht. Er ist eine schillernde, öffentliche Figur, während seine Frau das Rampenlicht stets scheute. Sie sprach nicht über ihre Kunst, sie datierte sie nicht und verzichtete auf eine Signatur. Gerade zweimal hat Meyer Scapa ihr künstlerisches Schaffen präsentiert, 1988 in einer kleinen Zürcher Galerie und 2015, ein Jahr vor ihrem Tod, im Kunstmuseum Bern. Matthias Frehner, damals noch Direktor am Kunstmuseum Bern, hat die Schau ebenso wie jene zu Ted Scapas Werk im Jahr 2016 kuratiert. Bereits in dieser Ausstellung mit dem Titel «Scapa... und so nebenbei» konnte man Ted Scapa als Maler mit einem überraschenden Frühwerk, das von der avantgardistischen Cobra-Gruppe inspiriert ist, entdecken.
Leuchtturm und Regenbogen
In der Gegenüberstellung mit dem Werk seiner Frau fallen nun die Gemeinsamkeiten wie die Unterschiede auf. Es gibt den spassigen, raschen Zeichner Scapa, der sehr weit weg von Meyer Scapas nach innen gewandter Kunst ist. Der schnelle Gag, das ist eindeutig Ted Scapas Sache, nicht ihre. Aber es gibt auch den melancholischen Maler Scapa, der etwa im Gemälde «Flug zum Regenbogen» zum Ausdruck kommt. Ein Mensch, der anstelle eines Kopfes eine Mondsichel hat, fliegt schnurstracks auf einen Regenbogen zu. Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? – Diese Frage drängt sich dem Betrachter bei diesem Bild regelrecht auf. Ein Leitmotiv in Scapas Werk sind Leuchttürme.Diese hält er mal in Schieflage oder von Wolken umgeben fest. Es sind Orientierungshilfen oder «das Erste und das Letzte, was man vom Ufer bei Ab- und Anfahrt sieht», wie Scapa einst gegenüber dieser Zeitung erklärte. Er selbst wollte eigentlich Marineoffizier werden, weil ihm die Uniformen so gefielen.
Ausstellung: bis August 2020. www.schloss-wyl.ch
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch