Mountainbiker Mathias FlückigerDie Nummer 1 sein und bleiben
Im Jahr 2021 hat der Berner Medaillen und Ehrungen gesammelt, jetzt spürt er die Auswirkungen des Erfolgs. Die Motivation jedoch hat nicht gelitten.

Mathias Flückiger hat sich im vergangenen Jahr auf ein neues Level gehievt. Der 33-Jährige erlebte sein mit Abstand bestes Jahr der Karriere: Silber an den Olympischen Spielen, Sieger des Gesamtweltcups und die Nummer 1 der Welt. «Durch die Erfolge hat sich einiges verändert», sagt der Oberaargauer und Berner Sportler sowie Schweizer Radsportler des Jahres 2021. Die Anfragen für Anlässe hätten stark zugenommen, die Arbeit mit den Sponsoren und Medien sei viel intensiver geworden. «Ich will mich überhaupt nicht beklagen, das ist cool und schön, ich geniesse das.» Aber Flückiger muss sich auch eingestehen, dass die Erholung zu kurz gekommen ist.
Natürlich hat der Schweizer Meister nach der Saison ein paar Ferientage bezogen. Doch als er im neuen Jahr mit dem Training wieder begann, merkte er schnell, dass die zweiwöchige Auszeit nicht ausreichend war. «Die ersten zwei Monate im neuen Jahr trainierte ich zwar, hatte aber stets das Gefühl, ich trete an Ort. Meine Physis verbesserte sich nicht. Ich stagnierte.» Anfang März pausierte er noch einmal eine Woche, dazu bremste ihn eine Erkältung. «Aber jetzt spüre ich, dass es vorwärtsgeht.»
Vertrag bis 2024
Viel mehr als 2021 kann der Berner indes nicht mehr erreichen. Schon nur die Leistungen zu bestätigen, wird nicht einfach. Flückiger zerbricht sich darüber nicht den Kopf. «Ich bin ja nicht von einem Tag auf den anderen an die Spitze gestürmt, das war ein langer Prozess.» Deshalb werde er auch nicht abstürzen, zumal er nicht alles geändert habe. Im Gegenteil: Er setzt auf Kontinuität. Bei seinem Team mit Ralph Näf und Velohersteller Thömus hat er bis nach seinem Hauptfokus, den Olympischen Spielen 2024 in Paris, verlängert. «Die langjährige Zusammenarbeit gibt mir Sicherheit, und ich weiss, wo und wie wir uns weiter verbessern können», sagt der ausgebildete Baumaschinenmechaniker, der gerne ausgiebig am Material tüftelt.
Finanziell haben sich die sportlichen Meriten zwar gelohnt, aber bei weitem nicht ihm Umfang anderer. «Wenn ich sehe, was Strassenprofis verdienen, ist mein Einkommen ein Klacks.» Er frage sich allerdings, ob man diese Millionenbeträge überhaupt wert sein könne. Die Entwicklung im Mountainbikesport erachte er jedenfalls als gesünder. Neidisch auf die Kollegen auf der Strasse ist Flückiger nicht, sondern ganz zufrieden mit seiner Situation. «Ich muss nicht am Hungertuch nagen.»

Vergangenen Sonntag ist der Berner im Tessin bei der von Näf und Nino Schurter neu lancierten nationalen Rennserie in die Wettkampfsaison gestartet. «Der dritte Platz passt», meinte Flückiger. Bei der mit 140’000 Franken dotierten «Bike Revolution» ist auch er involviert. Zusammen mit Bruder Lukas wird er im Herbst die dritte und finale Station in Huttwil durchführen. «Ich war für die Grobplanung und die Charakteristik der Strecke zuständig», sagt Mathias. An den baulichen Ausführungen ist er nicht beteiligt.
Die WM als Ziel
Dafür fehlt ihm schlicht die Zeit. Denn Anfang April startet in Brasilien bereits die Weltcupsaison. «Ich muss gestehen, dass mir der Abstecher nach Südamerika jetzt nicht perfekt ins Programm passt.» Dennoch wird Flückiger bei der Premiere dabei sein. «Ich würde es nicht aushalten, wenn ich nicht dort wäre. Wir Fahrer wünschen uns seit Jahren mehr Rennen, und wenn nun endlich neue Austragungsorte dazukommen, sehe ich mich auch in der Pflicht, daran teilzunehmen.»
Das sportliche Ziel in diesem Jahr richtet Flückiger jedoch zweifelsfrei auf die Weltmeisterschaft, die im August im französischen Les Gets stattfinden wird. In den Savoyen hat er im Vorjahr sowohl das Short-Track- wie auch das Cross-Country-Rennen gewonnen. Der WM-Titel wäre nach Silber 2019 und 2020 seine erste Goldmedaille an den interkontinentalen Titelkämpfen seit 2010. Vor zwölf Jahren siegte er in seiner ersten Profisaison in der U-23-Kategorie. Viele sahen damals im jungen Draufgänger den neuen Shootingstar. Flückiger hat letztlich etwas länger gebraucht, bis er der beste Mountainbiker der Welt geworden ist. Er hat deshalb nicht im Sinn, den Status als Nummer 1 so schnell wieder abzugeben.
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