Ein Gewinner im Gefühlschaos
Thun liegt in St. Gallen rasch hinten, rappelt sich auf und vollendet fast die stürmische Aufholjagd. Nach dem 2:3 gibt es bei den Oberländern Lichtblicke.
Alain Sutter ist unter Spannung, er tigert in den Katakomben hin und her, verwirft die Hände, flucht. Wenige Meter vom St. Galler Sportchef entfernt steht Präsident Matthias Hüppi, mal die Arme ungläubig hinter dem Kopf verschränkt, mal laut durchpustend. Es sind die Momente nach dem 3:2 der Ostschweizer gegen den FC Thun. Es sollten solche des Glücks sein, eigentlich. Doch Hüppi und Sutter sehen nicht wie Sieger aus. Hinter ihnen liegen Minuten des Bangens und Zitterns.
Als die Schlussphase anbricht, deutet nichts auf diese Emotionen hin. Die St. Galler führen vor 11 272 Zuschauern im Kybunpark 3:0, mehrmals kommen sie einem vierten Tor nahe. Sie agieren souverän und mehrheitlich stilsicher, Sutter und Hüppi werden oben auf der Tribüne ihre Freude daran haben. So plätschert die Partie bei grosser Hitze dahin, bis Thuns Trainer Marc Schneider mit seiner zweiten Einwechslung Dennis Salanovic bringt. Es ist die Initialzündung zur Aufholjagd. Plötzlich ist Spannung drin.
Die nutzlose Premiere
Der 22-jährige Zugang überzeugte schon in den Vorwochen als Joker, mit seiner Geschwindigkeit und Direktheit tut er es auch diesmal. Eine erste Chance vergibt der Liechtensteiner noch, doch Momente später legt er für Dejan Sorgic quer. Es ist das 1:3 und das Zeichen für die Gäste, dass ein Punktgewinn im Bereich des Möglichen liegt. «Mit Salanovics Einwechslung ist ein Ruck durch das Team gegangen», sagt der linke Verteidiger Mickaël Facchinetti. «Er hat uns Leben eingehaucht», meint Captain Dennis Hediger.
Drei Minuten später steht erneut Salanovic im Mittelpunkt, erneut jubeln die Thuner. Diesmal schliesst der Zugang den Angriff aus kurzer Distanz ab, nach Vorlage Grégory Karlens. Es ist sein erstes Tor in der Super League.
Die Gäste sind nun, auch angetrieben von Innenverteidiger Basil Stillhart, der den krank gewesenen Abwehrchef Roy Gelmi vorzüglich vertritt, plötzlich wieder nahe an einem Punktgewinn. Und sie lassen gegen einen Gegner, der drei Tage zuvor in Norwegen in der Europa-League-Qualifikation gescheitert ist, nicht locker. Sorgic und Karlen verpassen. In der Nachspielzeit werden Schüsse von Karlen und Nicolas Sutter geblockt. Auf das Grauen folgt fast das Wunder.
Das hinterlässt Spuren, bei Hüppi und Sutter, aber auch bei Trainer Peter Zeidler. Ab der 70. Minute habe sein Team Riesenprobleme bekundet, befindet der Deutsche. «Wir wurden müde und bekamen Angst, zu verlieren.» Derweil meint Salanovic, er habe sich bei der Einwechslung vorgenommen, seine Stärken auszuspielen, den Spielstand auszublenden. «Das ist mir gelungen. Doch leider reichte es nicht.»
Die unglückliche Startphase
Dass es für Trainer Schneider nicht mehr viele Argumente gibt, Dennis Salanovic auf der Bank zu belassen, ist eine Erkenntnis des Spiels. Eine weitere: dass die Oberländer im zweiten Auswärtsspiel zum zweiten Mal die erste Halbzeit komplett verschlafen haben. Warum das so war, vermag kein Thuner schlüssig zu erklären. «Wir wollten unbedingt vermeiden, dass St. Gallen ins Spiel findet», sagt Dennis Hediger und verweist auf die Hitze und das happige Programm der Ostschweizer mit fünf Partien in fünfzehn Tagen.
Allerdings verlief die Startphase für den FC Thun auch unglücklich. Das 0:1 von Stjepan Kukuruzovic nach nur vier Minuten resultierte nach einem abgefälschten Freistoss. Das 0:2 wenig später, erneut vom früheren Thuner Junior erzielt, war ein herrlicher Distanzschuss. «Natürlich hatten wir da ein wenig Pech», sagt Hediger. «Aber wir spielten schlicht zu wenig clever.» Der Captain trägt seine Ausführungen ohne Wut vor. Er meint: «Wir haben Charakter gezeigt.»
So ist das nach einer aufwühlenden Schlussphase. Die Thuner reisen erhobenen Kopfes nach Hause. Und die St. Galler ärgern sich, statt zu jubeln.
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