Der SCB im AufwindEin Team findet seine Identität
Das 3:2 gegen Gottéron ist glückhaft zustande gekommen. Und doch ist beim SC Bern die Handschrift Toni Söderholms immer besser zu erkennen.

Diesmal ist es anders. Für einmal verliert der SC Bern in der Schlussphase nicht eine Partie, sondern er gewinnt in Freiburg das Zähringer-Derby dank einer späten Wende 3:2. Chris DiDomenico gleicht gut zwei Minuten vor dem Ende aus, Colton Sceviour gelingt im Powerplay 9,4 Sekunden vor der letzten Sirene der Siegtreffer.
Tyler Ennis sagt nach dem Match zwar, sein Team habe den Sieg verdient, weil es bis zum Schluss hart gekämpft habe. Aber in Tat und Wahrheit sind es drei gestohlene Punkte. Gottéron war in diesem hart und emotional, aber auf dem Eis fair geführten Derby ab dem Führungstreffer in der 26. Minute klar besser und gefährlicher. Die Gastgeber beklagten zwei Pfostenschüsse und zwei aberkannte Goals wegen Torhüterbehinderung.
Zwei korrekte Entscheidungen
Beim vermeintlichen 2:0 wurde SCB-Keeper Philip Wüthrich, nachdem er die Scheibe nicht hatte kontrollieren können, von Marcus Sörensen am Fanghandschuh getroffen. Und bei der zweiten umstrittenen Szene berührte Jacob De la Rosa Wüthrich zwar nicht, aber er nahm dem Goalie bei Schussabgabe von Christoph Bertschy auf der Linie des Torraums stehend die Sicht. Die Entscheidungen der Schiedsrichter waren regeltechnisch korrekt. Man darf sie für den Mut beglückwünschen, diese in der hitzigen Atmosphäre der BFC-Arena getroffen zu haben.
Dass der SCB gegen Gottéron reüssiert hat, ist einer grossen Portion Glück geschuldet, und doch ist es kein Zufall, gelang den Mutzen ausgerechnet diesmal der Umschwung. Einerseits waren sie nach drei Siegen in Serie und dem Schaulaufen gegen Meister Zug für einmal mit genügend Selbstvertrauen angetreten, anderseits ist zunehmend die Handschrift des neuen Cheftrainers Toni Söderholm zu erkennen. Oder wie es der Kanadier Ennis sagt: «Das Team hat die Identität gefunden.» Es sei bis anhin eine schwierige Saison mit vielen Verletzungen und Wechseln gewesen, doch nun entwickle sich die Chemie in den Linien, erzählt der langjährige NHL-Profi.
Der Cheftrainer lobt den Staff
Die offensichtlichste Änderung durch Söderholm ist die Verteilung der ausländischen Stürmer auf alle vier Linien. «Für mich ist unwichtig, woher einer kommt oder wie alt er ist. Ich schaue, welche Spielweisen zusammenpassen», erklärt der Finne. Als Beispiel nennt er die Sturmreihe mit Ennis, Benjamin Baumgartner und Noah Fuss. Die drei seien ähnlich schnell im Kopf, schildert er seine Überlegungen. Zudem ist ihm wichtig, die Eiszeiten bei Vollbestand gleichmässig auf vier Linien zu verteilen, «damit wir die nötige Mannschaftsstärke hinbekommen». Unterschiedliche Einsatzzeiten sollen vornehmlich durch das Powerplay und das Boxplay sowie allenfalls die letzten Minuten erklärbar sein. Die Leistungsträger müssen im Kopf noch frisch sein, «wenn am Ende das Spiel auf der Kippe steht».
Der ehemalige Nationaltrainer Deutschlands lebt selbst vor, dass niemand wichtiger als das Team ist. Im Anschluss an den Match verrät er, Videocoach Max Markowitz und Goaliecoach Jeff Hill hätten ihn aufgefordert, die Coaches Challenge zu beantragen. Und die Steigerung im Powerplay sei vor allem das Verdienst von Assistenzcoach Mikael Hakanson. «Schon bei meiner Ankunft haben alle sehr hart gearbeitet: die Spieler, die Physiotherapeuten, der Athletiktrainer, der ganze Staff. Alle haben zu diesem Aufwärtstrend beigetragen.» Ennis bestätigt dies: «Es ist ein Effort der ganzen Gruppe.»

Noch viel Verbesserungspotenzial
Gerade in Freiburg hat man gesehen: Trotz vier Siegen in Folge ist beim SCB noch nicht alles Gold, was glänzt. Das weiss auch Söderholm. «Uns fehlte es im Spiel mit der Scheibe an Qualität, deshalb konnten wir keinen Druck entwickeln.» Zudem dürfe sich die Mannschaft das Spiel nicht zu stark von den Emotionen diktieren lassen. «Wir müssen cooler, hartnäckiger bleiben, um auch in Rückstand auf hohem Niveau agieren zu können. Das ist ein Schlüssel zu einer weiteren Verbesserung.» Man darf gespannt sein, wohin der Weg der Mutzen in dieser Saison noch führen wird, zumal mit Dominik Kahun der wohl beste Einzelspieler derzeit fehlt. Der deutsche Nationalspieler weiss genau, was Söderholm von ihm und der Equipe erwartet.
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