Erdogan droht Demonstranten mit Geheimdienst
Angesichts der anhaltenden Proteste in der Türkei scheint Recep Tayyip Erdogan langsam die Geduld zu verlieren. Der Ministerpräsident will den Geheimdienst auf die Drahtzieher des Aufstands ansetzen.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan reagiert unwirsch auf die andauernden Massenproteste gegen seine Regierung und droht den Demonstranten nun mit harten Konsequenzen. Der Geheimdienst suche schon die Drahtzieher und werde mit ihnen «abrechnen», sagte er in Ankara. Die Kundgebungen seien von extremistischen Gruppen und der Opposition organisiert und sollten dem Land Schaden zufügen, schimpfte er.
Vergleiche mit den Aufständen während des Arabischen Frühlings wies Erdogan mit scharfen Worten zurück. «Wir haben in der Türkei schon längst Frühling», sagte er unter Hinweis auf die parlamentarische Demokratie in seinem Land. «Aber es gibt eben auch die, die den Frühling in einen Winter verwandeln wollen.» Seinen Bürgern riet er angesichts der vier Tage andauernden Proteste: «Bewahrt Ruhe. Das wird alles vorbeigehen.»
Mit Tränengas gegen Demonstranten
Die Frage eines Journalisten, ob er die Botschaft der Demonstranten verstehe, wies Erdogan barsch zurück. «Welche Botschaft soll das sein?», fragte der 59-Jährige verärgert zurück.
Vom Einbruch der Aktienkurse an der türkischen Börse um fast 6,5 Prozent am Montag zeigte sich Erdogan unbeeindruckt. «Die Kurse steigen, die Kurse fallen. Das ist die Börse.»
Am Montag ging die Polizei in Istanbul erneut mit Tränengas gegen Demonstranten vor, die ihrerseits Steine auf die Beamten warfen. In Ankara und Izmir wurden in der Nacht mehr als 800 Menschen in Gewahrsam genommen, die zusammen mit Tausenden anderen demonstriert hatten. Am Wochenende waren nach offiziellen Angaben rund tausend Menschen in Gewahrsam genommen und Hunderte verletzt worden.
Ursprünglicher Auslöser war ein massiver Polizeieinsatz am Freitag gegen eine friedliche Demonstration am Taksim-Platz in Istanbul. Die Menschen hatten gegen die Abholzung alter Bäume in einem Park protestiert, die der Umgestaltung des Platzes und dem Neubau eines Einkaufszentrums weichen sollen. Danach waren die Proteste auf zahlreiche türkische Städte übergesprungen.
Zentralbank könnte Anleger beunruhigen
Es bestehe das Risiko, dass die Unruhen anhalten und die Gewalt zunimmt, sagte Timothy Ash, Chef der Schwellenländer-Analyseabteilung bei der Standard Bank. «Ich gehe davon aus, dass die türkische Zentralbank aktiv wird, um die Anleger zu beruhigen.»
Angesichts der Krawalle brach der Leitindex der Istanbuler Börse um bis zu 8,1 Prozent ein und markierte mit 79'047,74 Punkten den tiefsten Stand seit Anfang März. Das ist der grösste Tagesverlust seit den Turbulenzen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008.
Am Rentenmarkt fiel der Kurs der richtungsweisenden zweijährigen Bonds auf ein 18-Monats-Tief von 97 Punkten. Im Gegenzug stieg die Rendite auf bis zu 6,67 Prozent von 6,05 Prozent am Freitag. Diejenige der zehnjährigen Papiere erhöhte sich in der Spitze auf 7,1 von 6,77 Prozent.
Auch die türkische Währung ging auf Talfahrt. Ein Dollar war mit 1,9005 Lira zeitweise so teuer wie zuletzt im Dezember 2011. Der Euro markierte mit 2,4726 Lira ebenfalls ein Eineinhalb-Jahres-Hoch.
Polizeieinsatz in Istanbul als Auslöser
Die Proteste, die sich am Neubau eines Einkaufszentrums entzündet hatten, richten sich inzwischen gegen den Regierungschef und dessen Politik, die von vielen Demonstranten als autoritär empfunden wird.
Auslöser war ein massiver Polizeieinsatz am Freitag gegen eine friedliche Demonstration am Taksim-Platz in Istanbul. Die Menschen hatten gegen die Abholzung alter Bäume in einem Park protestiert, die der Umgestaltung des Platzes und dem Neubau eines Einkaufszentrums weichen sollen. Danach waren die Proteste auf zahlreiche türkische Städte übergesprungen.
Die Demonstrationen wenden sich inzwischen ganz allgemein gegen die Regierung Erdogan. Die Sicherheitsbehörden setzten immer wieder Wasserwerfer und Tränengas ein.
AFP/mrs/wid
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