
Die reichste Frau der Schweiz gilt auch als reichste Frau Englands sowie als reichste Holländerin. Das liegt daran, dass Charlene de Carvalho-Heineken aus Amsterdam stammt und zwischen London und St. Moritz pendelt. Es liegt auch daran, dass viele Superreiche Männer sind. In der Schweiz belegt de Carvalho-Heineken laut der Reichenrangliste der «Bilanz» als erste Frau den neunten Rang. Das geschätzte Vermögen der 65-Jährigen beläuft sich auf 14 bis 15 Milliarden Franken. Den Titel der vermögendsten Schweizerin hält sie seit über zehn Jahren.
Neben «reichste Frau» wird Charlene de Carvalho-Heineken auch als «Bierkönigin» betitelt. Sie ist die Tochter von Freddy Heineken, der eine niederländische Brauerei nach dem Zweiten Weltkrieg zum Weltkonzern ausbaute. Als Kind mochte sie es nicht, ihren Namen ständig auf Werbeplakaten und Caféschildern zu sehen. So trat sie das «Heineken» ab, als sie Michel de Carvalho heiratete, einen ehemaligen Schauspieler, Profi-Skifahrer und Banker. Die beiden lernten sich beim Skifahren in St. Moritz kennen.
«Wächterin an der Seitenlinie»
De Carvalho-Heineken, die Jus studierte, hielt sich lange fern vom väterlichen Unternehmen. Sie lebte zurückgezogen, zog ihre fünf Kinder gross, das Geld bekam sie von ihrem Mann. «Ich war die Frau eines Bankers», sagte sie in einem Interview. Oft sei sie zu Hause gesessen und habe Legobausteine sortiert. Die Abgeschirmtheit erklärte sich auch damit, dass ihr Vater 1983 für drei Wochen entführt worden war. Berühmt ist sein Spruch nach der Befreiung: «Sie zwangen mich, Carlsberg zu trinken.» Heineken galt als Marketing-Genie.
2002 änderte sich alles. Der Patriarch starb. Als Einzelkind erbte Charlene 25 Prozent des Milliardenkonzerns, 100 Millionen Aktien – bisher hatte sie eine einzige besessen. Damals habe sie sich entscheiden müssen, erzählt sie in Interviews, ob sie sich einmischen wollte oder sich zurückziehen, um von den Dividenden zu leben. Sie wählte das Einmischen. Seither prägt de Carvalho-Heineken die Firma mit; ihre Rolle beschreibt sie als «Wächterin an der Seitenlinie». Die Erbin verordnete eine Offensivstrategie.
Heineken hat seither zahlreiche Konkurrenten geschluckt und den Umsatz mit alkoholfreien Bieren gesteigert. In Afrika, wo die Brauerei stark wächst, werfen ihr Journalisten unethisches Verhalten vor: zu hohe Preise und das Ausnutzen lascher Alkoholgesetze.
Heineken hat seither zahlreiche Konkurrenten geschluckt und den Umsatz mit alkoholfreien Bieren gesteigert.
Amerikanische Medien preisen de Carvalho-Heineken als «self-made heiress». Als eine, die nicht nur viel Geld geerbt hat, sondern auch viel daraus macht. Ihr Milliardenvermögen hat sie seit 2002 mehr als verdoppelt. Erfolgstrunken wirkt sie deswegen nicht. Sie tritt bescheiden auf, den Reichtum lässt sie sich kaum ansehen. Sich selber beschreibt de Carvalho-Heineken als schüchtern, lange habe es ihr an Selbstvertrauen gefehlt. Dieses habe sie auch dank ihres Gatten entwickelt, sagte sie in einem Interview. Dass sie dafür die Hilfe eines Mannes brauchte, sei ärgerlich. «Aber es wirkte.»
Ihr Nachfolger in der Firmendynastie wird wohl wieder ein Mann sein. Der älteste Sohn gilt als Favorit. Dazu drängen wolle sie keines der fünf Kinder, sagt de Carvalho-Heineken. Es sei besser, das zu tun, was man gern tue, als das, was man tun sollte. Sie selber habe das zu spät gemerkt.
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Erfolgreicher als der Vater
Die Brauereichefin Charlene de Carvalho-Heineken ist seit Jahren reichste Schweizerin – dank grossem Erbe und viel Geschick.