Kulttrainer zieht sich zurückHanspeter Latour hört als Schwinger-Coach auf
Eidgenosse Thomas Sempach schwingt weiter – aber ohne seinen persönlichen Motivationscoach. Dieser hat dem 37-Jährigen mehrmals die Leviten gelesen.

Oft war nur er zu hören. Die Zwischenrufe waren abwechslungsweise laut und sehr laut. Wie früher an der Seitenlinie schien er auch am Sägemehlrand mit maximaler Leidenschaft bei der Sache zu sein. Hanspeter Latour, einstiger Trainer beim FC Thun, den Grasshoppers und in Köln, wechselte nach seinem Rücktritt als Fussballtrainer 2010 zu den Schwingern. Zunächst war es nur ein Vortrag, den er vor versammelter Berner Mannschaft hielt. Doch weil Thomas Sempach von der Rede des Oberländers derart angetan war, engagierte er Latour als persönlichen Motivationscoach.
Sempach, ein Coucousin von Schwingerkönig Matthias Sempach, holte seither vier seiner fünf eidgenössischen Kränze, er gewann 2016 auf dem Brünig und reüssierte an zwei weiteren Kranzfesten. Doch nun endet die Zusammenarbeit. «Wer 75 ist, muss den Jungen nicht mehr erzählen wollen, was sie zu tun haben», sagt Latour und ergänzt: «Einisch isch fertig.» Der Abschluss mit dem geteilten sechsten Rang und dem Kranzgewinn am Eidgenössischen in Pratteln sei mehr als nur versöhnlich gewesen, sagt der Rentner, zumal seinem Schützling diese Leistung nicht mehr viele zugetraut hatten.
Latour sagt, er habe sich auch beim Schwingen immer wieder fürchterlich über Entscheide der Unparteiischen aufgeregt. Und er habe Sempach mehrmals «is Füdle müesse stüpfe». Zu lieb mit sich und der Konkurrenz sei dieser gewesen, «da habe ich ihm oft die Leviten gelesen. Thömu war aber sehr kritikfähig – ein anderer wäre längst davongelaufen.»
Wenger macht weiter, Fragezeichen hinter Anderegg
Sempach sagt, Latour habe mit seinen Worten bei ihm einen Nerv getroffen. Vor allem zu Beginn der Partnerschaft, als er körperlich immer wieder angeschlagen und entsprechend verunsichert war. «Eine Woche vor dem Eidgenössischen 2010 in Frauenfeld hatte ich noch nicht einmal ein Hotelzimmer gebucht, weil ich befürchtete, ich würde mich am ersten Tag sowieso verletzen.» Dank Latour sei er mental robuster geworden und habe auch mit Rückschlägen – wie etwa vergangenes Jahr mit der Nichtselektion für den Kilchberger Schwinget – umzugehen gelernt. Obwohl bereits 37, will der zweifache Familienvater aus Heimenschwand eine weitere Saison anhängen.
Ohnehin dürfte die Berner Equipe weitgehend von Rücktritten verschont bleiben. Kilian Wenger, der kürzlich geheiratet hat, will 2023 nochmals angreifen, danach aber dürfte Schluss sein. Noch unklar ist die Zukunft von Simon Anderegg (36), der ohne Eichenlaub aus Pratteln heimkehrte. Beim Haslitaler jedoch ist das sofortige Karriereende nicht ausgeschlossen.
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