«Ich bin erstaunt, wie wenig zerstört wurde»
Der Schweizer Kuno Gross hat jahrelang in Libyen gelebt. Vor einem Monat kehrte er erstmals nach dem Krieg ins Land zurück. In einem Interview mit Redaktion Tamedia schildert er seine Eindrücke.
Herr Gross, Sie sind Anfang des Jahres für drei Wochen nach Libyen gereist. Wie ist die Stimmung im Land? Es ist schwierig, ein allgemeines Bild zu zeichnen, denn ich kann auch nur meine eigenen Eindrücke wiedergeben. Ich persönlich habe das Gefühl, dass die Libyer froh sind, die Herrscherfamilie, also den Ghadhafi-Clan, endlich los zu sein. In fünf Jahren werden vielleicht einige wieder behaupten, früher sei alles besser gewesen. Was am meisten auffällt, ist das starke Freiheitsgefühl, das herrscht. Mir ist auch aufgefallen, dass der Name Ghadhafi zum ersten Mal – ohne Angst – überhaupt ausgesprochen wird. Früher sprach man nur von «ihm» oder «von dem da oben». Die Leute hatten Angst. Dieser Druck, diese Paranoia, scheint jetzt von den Libyern gewichen.