SCB-Talent oft überzählig«Ich habe bewiesen, dass ich auf höchstem Niveau spielen kann»
Beim SCB gab es letzte Saison wenig Erfreuliches. Die Ausnahme bildete Joshua Fahrni. Doch nun kommt der 20-Jährige kaum noch zum Einsatz. Besser wurde es auch mit dem Trainerwechsel nicht.

Dienstagabend in Zürich-Oerlikon: Während viele Schweizerinnen und Schweizer zu Hause vor den TV-Bildschirmen sitzen und dem Auftritt der Fussball-Nationalmannschaft gegen Portugal entgegenfiebern, machen sich Joshua Fahrni und Co. in der kahlen Kunsteisbahn für den ersten Puckeinwurf bereit.
Gerade mal 70 Zuschauerinnen und Zuschauer sind gekommen, um dem Duell zwischen den GCK Lions und dem SC Langenthal beizuwohnen. «Ich fühlte mich in meine Juniorenzeit zurückversetzt», sagt der 20-jährige Fahrni, der sich die imposante Stehrampe in Bern und im Schnitt 14’488 Fans gewohnt ist.
Es ist der erste Einsatz des Stürmers in der Swiss League. Bisher kannte Fahrnis Weg nur eine Richtung: nach oben. Der Berner Oberländer gehörte zu den Entdeckungen der letzten Saison. Neben ihm kamen einzig die Junioren Simon Knak vom HCD und Dario Allenspach vom EVZ zu regelmässigen Einsätzen in der National League. Das Jungtalent zeigte sich damals selbst überrascht. Nie habe er das so erwartet, sagte Fahrni, der von Nationalcoach Patrick Fischer gar zur WM-Vorbereitung aufgeboten und für seine Technik, den Mut und die Unerschrockenheit gelobt wurde. Doch nun zeichnet sich ein ganz anderes Bild.
Schon Trainer Johan Lundskog, der Fahrni letzte Saison viel Vertrauen geschenkt und ihn auch im Überzahlspiel eingesetzt hatte, gewährte ihm kaum noch Auslauf. Besser wurde es auch mit Toni Söderholm nicht. Im Gegenteil. Zuletzt war Fahrni dreimal 13. Stürmer. Dabei kam er einzig im zweiten Derby gegen die SCL Tigers zum Einsatz, allerdings bloss während insgesamt zweier Minuten – und nur weil Thierry Bader sich zuvor einen Restausschluss eingehandelt hatte.
«Josh ist nicht in Topform», sagt Sportchef Andrew Ebbett. «Seit der U-20-WM im August ist die Entwicklung leider stagnierend.» Söderholm selbst spricht von einem eigentlich positiven Problem. «Wir haben Spieler, die Eiszeit verdienen, und solche, die Eiszeit benötigen», sagt der Finne. «Benjamin Baumgartner hat von allem Anfang an gezeigt, dass er versteht, welche Spielweise mir vorschwebt. Noah Fuss und Fabian Ritzmann spielen ebenfalls stark. Wenn Josh ein paar Spiele lang geduldig sein muss, gehört das zum Lernprozess.»
Das verflixte zweite Jahr
Fahrni ist nicht der erste Spieler, der im zweiten Jahr seiner Karriere Mühe bekundet. Und er wird auch nicht der letzte sein. Im vergangenen Winter erwischte es beispielsweise Langnaus Patrick Petrini, beim SCB traf es Mika Henauer. Beide hatten dann auch noch Pech. Petrini litt monatelang am Pfeifferschen Drüsenfieber, gab erst vor zwei Wochen sein Comeback. Henauer, der sich schon zweimal an der Schulter operieren lassen musste, verletzte sich im ersten Spiel nach seiner Rückkehr erneut an derselben Körperstelle und fällt noch immer aus.
«Nach der ersten Saison steigen die Erwartungen», sagt Fahrni. «Vielleicht setzte ich mich zu stark unter Druck, weil ich es zu gut machen wollte.» Dass es nicht leicht werden würde, war dem Thuner hingegen bewusst. «Es stiessen viele neue Spieler zum Team. Zudem wurde die Anzahl Ausländer erhöht. Mir war klar, dass ich nicht mehr dieselbe Rolle haben würde.» Fahrni spricht von einem schwierigen Saisonstart. «Ich spielte eine starke U-20-WM, kehrte zurück, brauchte Zeit, um mich anzugewöhnen. Wir Jungen kamen in den ersten zehn Partien kaum zum Einsatz. Es ist schwierig, den Spielrhythmus zu finden, wenn man kalt aufs Eis geschickt wird.»

Ironischerweise war es ausgerechnet Fahrni, der in Lundskogs letztem Spiel den SCB zum 4:3-Sieg gegen den ZSC schoss. Er spielte in der Schlussphase mit Tristan Scherwey und Sven Bärtschi in einer Linie. Gebracht hat der Erfolg dem schwedischen Trainer bekanntlich nichts mehr. Er wurde noch am selben Abend entlassen. Dessen Nachfolger suchte vergangenen Sonntag das Gespräch mit Fahrni, schlug ihm zwecks Spielpraxis und weil der SCB erst am Freitag gegen den EVZ wieder antritt, einen Einsatz bei Langenthal vor. «Wir möchten ihm alle Möglichkeiten bieten, damit er sich weiterentwickeln kann und spielbereit ist», sagt Söderholm.
Swiss League statt Grittibänz
Klar hatte Fahrni, der Söderholm für dessen Kommunikation lobt, andere Pläne für Dienstag. «Es hätte ein ‹Chlouseznacht› mit meiner Familie gegeben. Wir hätten Grittibänze gegessen und Fussball geschaut», erzählt der 20-Jährige schmunzelnd. Dass es anders kam, stört ihn freilich nicht. Ganz im Gegenteil. «Es war top. Ich konnte mit der Scheibe etwas kreieren und habe Selbstvertrauen getankt.» Fahrni bringt es bei der 3:4-Niederlage nach Penaltyschiessen auf 18 Minuten Eiszeit, bleibt aber ohne Punkte.
Nun weilt der Stürmer wieder in Bern, dort, wo er im vergangenen Jahr einen Vertrag bis 2024 unterschrieben hat. Und wartet auf seine nächste Chance. «Natürlich macht man sich Gedanken. Schliesslich will man spielen, alles andere wäre gelogen. Doch meine Karriere ist nicht zu Ende. Es geht nicht immer nur aufwärts. Ich habe bewiesen, dass ich auf höchstem Niveau spielen kann. Ich kann daraus lernen.»
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