Beratungshotline FamilienrechtIch möchte mich scheiden lassen, mein Ehegatte nicht. Wie kann ich vorgehen?
Wer darf nach der Scheidung die Kinder betreuen? Wem werden die Kinder zugesprochen? Diese und neun weitere Fragen wurden an unserer Beratungshotline thematisiert.

1. Ich möchte mich scheiden lassen, mein Ehegatte nicht. Wie kann ich vorgehen?
Mit einer Scheidungsklage kann ein Ehegatte die Scheidung auch gegen den Willen des anderen einleiten und durchsetzen. Für diese Klage müssen Sie eine zweijährige Trennungsfrist abwarten (Art. 114 ZGB). Die Scheidungsklage wegen Unzumutbarkeit (Art. 115 ZGB), welche keine Trennungszeit voraussetzt, hat heute kaum mehr praktische Bedeutung. Unzumutbarkeit würde beispielsweise nur vorliegen, wenn ein Partner versucht, den anderen umzubringen.
2. Wir lassen uns scheiden. Stimmt es, dass die Kinder sowieso immer nur der Mutter zugesprochen werden?
Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus, so müssen sie sich darüber einigen, wie sie sich die Betreuung der Kinder teilen. Bei Uneinigkeit der Eltern entscheidet das Gericht darüber, wer in welchen Bereichen für den Nachwuchs zuständig ist.
Dort, wo die Kinder mehrheitlich leben, spricht man von der Obhut. In der Frage, wer die Obhut bekommt, wird beispielsweise auf folgende Kriterien zurückgegriffen: persönliche Beziehung zwischen Kind und Eltern, Möglichkeit der unmittelbaren Betreuung und Pflege durch einen Elternteil persönlich, Erziehungsfähigkeit der Eltern, Stabilität der Verhältnisse, Zuteilungswünsche der urteilsfähigen Kinder.
Die Richterinnen und Richter haben bei der Zuteilung ein grosses Ermessen. Oberste Richtschnur bildet stets das Kindeswohl, das anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles beurteilt wird. Das Geschlecht der Eltern spielt dabei keine Rolle. Von Bedeutung ist jedoch regelmässig die während der Ehe gelebte Rollenteilung.
3. Wir sind seit vier Jahren zusammen. Mein Mann möchte gerne heiraten, ich aber nicht. Was sind Vor- und Nachteile der Ehe?
Die Ehe hat aber Vorteile, beispielsweise, wenn Sie später Kinder haben werden. Verheiratete Eltern erhalten automatisch die gemeinsame elterliche Sorge für den Nachwuchs, Konkubinatseltern nicht. Sie müssen das gemeinsame Sorgerecht ausdrücklich auf dem Zivilstandsamt oder bei den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) erklären. Auch binationale oder ausländische Paare profitieren von der Ehe, denn es gelten punkto Aufenthalts- und Niederlassungsrecht sowie für eine spätere Einbürgerung einfachere Regeln.
Argumente für ein unverheiratetes Zusammenleben gibt es bei Steuerfragen: Konkubinatspaare zahlen oft weniger, weil die Einkommen separat besteuert werden und damit die Progression wegfällt. Auch beim Bezug von Ergänzungsleistungen haben Unverheiratete oft bessere Bedingungen, denn bei diesen werden höhere Beträge für den Lebensbedarf berücksichtigt.
4. Ich habe während der Scheidung einen grossen Aktiengewinn erzielt. Muss ich den Gewinn teilen?
Der Güterstand bestimmt grundsätzlich, ob Sie den Gewinn mit dem Ehegatten teilen müssen oder frei darüber verfügen können. Wenn Sie eine Gütertrennung in einem Ehevertrag vereinbart haben, gibt es keine gegenseitigen güterrechtlichen Ansprüche. Das heisst, der Gewinn gehört Ihnen allein.
Üblicherweise besteht aber kein Ehevertrag. Es gilt somit der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Alle Vermögenswerte, die Sie vor der Ehe eingebracht haben, bleiben in Ihrer Verfügungsgewalt. Während der Ehe gebildete Vermögensvermehrungen werden aber bei einer Scheidung je zur Hälfte geteilt. Aktiengewinne fallen unter Vermögensvermehrungen und müssen grundsätzlich geteilt werden. Anders ist es, wenn Sie beweisen können, dass Sie die Aktien mit Eigengut finanziert respektive in die Ehe eingebracht haben. Das ist aber nicht immer einfach.
Wenn Sie das Geld kurz vor der Scheidung ausgeben und der Ehegatte findet dies heraus, wird er eventuell nachträglich die Hälfte des Gewinns fordern.
5. Ich habe während der Ehe einen Betrag von 50’000 Franken geerbt. Muss ich ihn bei der Scheidung teilen?
Im Falle einer Scheidung oder des Todes behalten beide Ehepartner ihr jeweiliges Eigengut. Zum Eigengut zählen diejenigen Vermögenswerte, die dem Ehepartner zum Zeitpunkt der Heirat gehörten oder ihm/ihr während der Ehe unentgeltlich zugekommen sind, wie Schenkungen oder Erbschaften. Sie sollten aber die Vermischung des Eigenguts mit Errungenschaft verhindern und ein separates Konto eröffnen.
6. Gehört das während der Trennungsfrist angesparte Vermögen mir persönlich?
Die Errungenschaftsbeteiligung ist der ordentliche Güterstand. Schliessen die Parteien vor oder während der Ehe keinen Ehevertrag ab, unterstehen sie automatisch diesem Güterstand. Das Gesetz unterteilt dabei das eheliche Vermögen in die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. Als Errungenschaft zählen die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstands verdient. Was von der Errungenschaft nach Abzug der Schulden verbleibt, bildet den Vorschlag. Jedem Ehegatten steht gemäss Art. 215 Abs. 1 ZGB die Hälfte des Vorschlags des anderen zu. Das während der Trennungszeit angesparte Vermögen wird also im Zeitpunkt der Ehescheidung halbiert.
7. Ich bin 50 Jahre alt und lebe seit über 10 Jahren in eingetragener Partnerschaft. Uns wurde empfohlen, unsere Partnerschaft in eine Ehe umzuwandeln, damit wir gegenseitig Anspruch auf eine Witwerrente aus der AHV haben. Stimmt das?
Ja, das ist korrekt. Anspruch auf eine Witwerrente hat, wer im Zeitpunkt der Verwitwung das 45. Altersjahr zurückgelegt hat und mindestens fünf Jahre verheiratet war. Eine eingetragene Partnerschaft genügt hier nicht. Wird aber eine eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umgewandelt, wird die Dauer der eingetragenen Partnerschaft zu den Ehejahren dazugezählt.
8. Wir leben seit ein paar Jahren getrennt. Unsere Kinder sind in der 5. und 8. Klasse und werden zu 60 Prozent von der Mutter und 40 Prozent vom Vater betreut. Nun wollen wir uns scheiden lassen und die Kinder je 50 Prozent betreuen. Muss ich als Mutter das Pensum erhöhen?
Gemäss Schulstufenmodell wird dem betreuenden Elternteil ab Eintritt des jüngsten Kindes in den Kindergarten eine Erwerbstätigkeit von 50 Prozent, ab Übertritt in die Oberstufe von 80 Prozent und nach Erreichen des 16. Altersjahrs von 100 Prozent zugemutet. Da vorliegend der Vater 50 Prozent der Betreuung der Kinder übernehmen wird, kann das Schulstufenmodell nicht eins zu eins auf diesen Fall angewendet werden. Es ist davon auszugehen, dass Sie als Mutter bereits vor Übertritt des jüngeren Kindes in die Oberstufe mehr als 50 Prozent beziehungsweise 60 Prozent werden arbeiten müssen.
9. Mein Mann ist nach der Trennung ausgezogen und hat mir die eheliche Liegenschaft zum Bewohnen überlassen. Mein Mann möchte, dass ich das Haus übernehme und ihn auszahle. Dies liegt für mich finanziell nicht drin. Kann mein Mann seine Haushälfte an unsere Kinder übertragen und mir die Nutzniessung am Haus einräumen? Kann ich das verlangen?
Aussergerichtlich ist es durchaus möglich, dass eine solche Lösung erzielt wird. Sie haben jedoch keinen Anspruch darauf, dass Ihr Mann den Kindern seine Haushälfte überträgt. Sollte es für Sie nicht möglich sein, Ihrem Ehemann die Haushälfte abzukaufen, so muss wohl oder übel die eheliche Liegenschaft verkauft werden.
10. Wir haben uns getrennt und rasch eine Trennungsvereinbarung unterzeichnet. Sie sieht einen fixen Trennungsunterhalt vor, die Berechnungen erfolgten aber nicht sehr genau. Wie lange ist der Unterhalt geschuldet?
Der vereinbarte Trennungsunterhalt ist so lange geschuldet, wie die Trennungsvereinbarung ihre Gültigkeit hat. Die Trennungsvereinbarung wird in den meisten Fällen durch eine Scheidungsvereinbarung ersetzt. Die Trennungsvereinbarung kann aber auch aussergerichtlich oder mithilfe des Gerichts abgeändert werden. Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens kann für die Dauer des Scheidungsverfahrens mittels vorsorglicher Massnahmen der Unterhalt festgesetzt werden.
11. Wir leben getrennt und würden eigentlich gerne das gemeinsame Grundeigentum jetzt aufteilen und nicht bis zur Scheidung warten. Ist dies möglich?
Im Rahmen der Trennung wird das Güterrecht in der Regel (noch) nicht geregelt. Falls die Ehegatten ihr Eigentum bereits vor der Scheidung aufteilen wollen, ist dies grundsätzlich mithilfe eines Notars möglich. Es braucht dazu einen Ehevertrag, welcher die güterrechtliche Auseinandersetzung vornimmt und den neuen Güterstand der Gütertrennung festlegt.
12. Mein Sohn ist 8 Jahre alt. Wie lange bin ich verpflichtet, meinem Kind Unterhaltszahlungen zu leisten?
Die Unterhaltspflicht beider Eltern dauert grundsätzlich bis zur Volljährigkeit des Kindes. Hat es dann aber noch keine angemessene Ausbildung abgeschlossen, so haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, bis es diese ordentlicherweise abgeschlossen hat. Als angemessene Ausbildung gilt dabei beispielsweise ein Lehrabschluss, nicht aber ein Gymnasialabschluss.
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