Türkei verschärft Not der Flüchtlinge
Russland und die Türkei wollen den Konflikt im syrischen Idlib entschärfen. Derweil spitzt sich die Situation der Migranten zu.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich nach eigenen Angaben mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin auf eine Waffenruhe in der syrischen Rebellen-Provinz Idlib verständigt. Die Feuerpause werde ab Mitternacht gelten, sagte Erdogan am Donnerstagabend. Die Türkei und Russland würden sich dafür einsetzen, dass die Waffenruhe auch halte und dass Hilfsgüter an Syrer in Not gelangen könnten. Die Türkei behalte sich das Recht vor, gegen Angriffe syrischer Regierungstruppen zurückzuschlagen.
Erdogan und Putin führten am Donnerstag in Moskau mehrere Stunden lang Gespräche wegen der Lage in Idlib. Die Türkei ist in der Region mit Soldaten vor Ort und unterstützt Aufständische. Russland ist dagegen der wichtigste militärische Verbündete der syrischen Regierungstruppen, die mithilfe der russischen Luftwaffe versuchen, die letzte grosse Rebellenhochburg unter ihre Kontrolle zu bringen.
Millionen auf der Flucht
Wegen der Kämpfe sind rund eine Million Syrer auf der Flucht nach Norden in Richtung türkischer Grenze. Die Türkei hat allerdings bereits etwa 3,6 Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland aufgenommen. Noch mehr schafft sie nach eigenen Angaben nicht. Sie hat deshalb die Grenzen zur EU geöffnet.
Mit einem verstärkten Polizeiaufgebot will die Türkei die Rückführung von Flüchtlingen aus EU-Ländern erschweren. Bis zu 1000 Beamte sollen vor allem an der Grenze zu Griechenland verhindern, dass aufgegriffene Migranten direkt wieder zurückgeschickt werden.
Dazu will die Türkei auf dem Grenzfluss Evros auch Schlauchboote einsetzen, wie der türkische Innenminister Süleyman Soylu bei einem Besuch an der Grenze ankündigte. Seit der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Wochenende angekündigt hatte, Flüchtlinge nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern zu wollen, haben sich an den türkischen Westgrenzen Tausende versammelt, immer wieder gibt es Auseinandersetzungen mit griechischen Beamten, die Tränengas und Blendgranaten abfeuern.
Russland rechtfertigt die Luftangriffe in Idlib als Kampf gegen Terroristen.
Süleyman Soylu warf dem Nachbarland vor, 5000 Menschen illegal zurückgeschickt und dabei 164 verletzt zu haben. Am Mittwoch machte Ankara zudem Athen für den Tod eines Migranten verantwortlich und will den Internationalen Menschenrechtsgerichtshof anrufen. Griechenland weist den Vorwurf zurück. Die Lage der Flüchtlinge ist auch auf syrischer Seite extrem angespannt, wo Hunderttausende Menschen Richtung türkischer Grenze drängen, um sich vor den Kämpfen um Idlib in Sicherheit zu bringen.
In den vergangenen Wochen ist die Situation eskaliert. Das syrische Regime von Bashar al-Assad versucht mithilfe des russischen Militärs die letzte Rebellenhochburg zu erobern und so die Kontrolle über ganz Syrien zurückzugewinnen. Das ist auch das Ziel Moskaus.
Dabei konnte nur mühsam eine direkte militärische Konfrontation zwischen Russland und der Türkei abgewendet werden. Russland steht fest an der Seite Assads und rechtfertigt die Luftangriffe in Idlib als Kampf gegen Terroristen.
Zuletzt setzte Moskau ein Zeichen, als russische Militärpolizei sich in der strategisch wichtigen Stadt Saraqib postierte und so auch die von der Türkei unterstützten Rebellen von Angriffen abhalten wollte. Ankara hatte jüngst Tausende Soldaten nach Idlib geschickt, um die Aufständischen zu unterstützen. Die Lage eskalierte, als vor einer Woche bei einem Luftangriff 36 türkische Soldaten getötet wurden. «Solche Vorfälle müssen verhindert werden», sagte Putin beim Treffen mit Erdogan.
Neue Angriffe, neue Tote
Vor dem Treffen der beiden Staatschefs kam es allerdings erneut zu Gefechten. Bei einem Luftangriff auf den von Rebellen gehaltenen Ort Maarat Misrin starben laut oppositionellen Aktivisten mindestens 15 Menschen – unter ihnen Frauen und Kinder. 18 weitere Menschen seien verletzt worden. Russische Kampfflugzeuge hätten den Ort angegriffen, obwohl dort Tausende Binnenflüchtlinge leben.
In Kroatiens Hauptstadt Zagreb kamen die EU-Aussenminister zusammen, um über die Lage in Syrien zu beraten. «Die Situation erfordert es, dass wir nicht nur reden, sondern auch Entscheidungen treffen», sagte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell. Europa müsse alles tun, um die Angriffe auf Zivilisten zu stoppen. Über Sanktionen gegen Russland, dessen Luftwaffe das Regime von Syriens Präsident Bashar al-Assad unterstützt, wollte Borrell dann aber nicht sprechen.
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