Lo & Leducs Liebeserklärung an Bern
Ihr letztes Album hielt sich 88 Wochen in den Charts. Am Freitag erscheint der Nachfolger «Ingwer und ewig». Lorenz Häberli (30) und Luc Oggier (28) über ihre schwierige Liebe zu Bern – und ihre Treue zur Band von früher.
Warum treffen wir uns beim heiligen Christophorus im Berner Bahnhof?
Leduc: Ich kann mich noch erinnern, als hier viele Randständige sassen. Heute sind die Überreste der Stadtmauer hinter Glas, und nur Christophorus darf noch hier stehen. Wir eilen aber meistens an ihm vorbei. Deshalb besingen wir ihn im Lied «Mond». Auch der Mond ist jede Nacht da, man nimmt ihn aber selten wahr. Man sollte unbedingt mal bei ihm stehen bleiben und ihn grüssen.
Machen Sie das?Lo:Es ist tatsächlich etwas schwierig, weil die Sicht auf ihn durch einen Pfosten verdeckt ist. Aber so vieles nehmen wir nicht wahr. Es geht uns um ein generelles Wachsein im Leben. Von wie vielen Häuserfassaden, an denen du täglich vorbeigehst, weisst du, wie sie aussehen?
Bern ist auf Ihrem Album sehr präsent.Lo: Das bringt man nicht los.
Obwohl Sie, Lo, weggezogen sind nach Zürich.Lo: Ja, das stimmt, aber ich bin trotzdem fast immer in Bern.
Leduc: Bern wird immer die Basis bleiben, schon nur wegen der Band. Hier ist unser Bandraum. Es ist schön, wenn alle ausschwirren und regelmässig wieder zurückkommen.
Lo:Bern bleibt auch die Basis von uns, unser Zuhause. Das merkt man, wenn man länger weg ist. Es gibt ganz wenige Menschen und Orte , die man vermisst. Und Bern ist so einer. Ich komme zwar aus der Agglo, bin aber sehr bald nach Bern gezogen. Und dann auch sehr zügig durch alle Quartiere.
Mit «Henker» haben Sie auch eine Liebeserklärung an Bern geschrieben.Lo:So schön es ist zu Hause, so eng ist es. Gerade in einer Kleinstadt wie Bern. Man kennt jede Ecke, das ist schön. Man kennt aber auch an jeder Ecke jemanden, das ist anstrengend. Weil man manchmal auch das Gefühl hat, man kommt nicht mehr raus, man verhockt hier.
«I weiss chum ‹Bärn› i bi!» So tönt «Henker». Video: Youtube/bakaramusic
Gehen Sie deshalb immer wieder weg?Lo:Ich gehe zu wenig weg. Ich geniesse es jetzt, dass ich aus Zürich zu Besuch komme.
Leduc: Überleg dir die Dimensionen, Zürich–Bern, das wäre in einer Grossstadt von einem Stadtteil in den anderen. Ich glaube, wir sind tendenziell zu viel hier. Die Mundartmusik wirft einen Schatten: Wir sind an den Ort gebunden.
Warum eigentlich Zürich?Lo: Arbeit. Es war uns immer wichtig, nicht nur in Musikkreisen zu verkehren. Man sollte agil und offen bleiben.
Leduc: Musik ist sehr wellenförmig. Phasenweise ist sie sehr intensiv, aber es gibt auch Phasen, in denen man wieder etwas ganz anderes macht.
Da braucht man aber auch einen Brotjob, der recht flexibel ist.Leduc: Wir haben das Glück, dass wir zurzeit nicht wegen des Brots arbeiten müssen. Es geht auch um andere Impulse im Leben. Aber darüber reden wir nicht gerne, es soll um die Musik gehen.
«Man kennt jede Ecke, das ist schön. Man kennt aber auch an jeder Ecke jemanden, das ist anstrengend.»
Warum?Leduc: Ich werde so häufig gefragt, wie ich das mit dem Geld mache. Ob ich noch arbeite. Ich denke dann: Hey, ich frage das nie jemanden. Es könnte ja sein, dass ich einfach eine steinreiche Verwandtschaft im Rücken habe. Die Lieder wären dieselben.
Sie haben Ihre Band erwähnt: Ist das immer noch dieselbe wie zu Schulzeiten?Leduc: Ja, Pacomé haben wir vor zehn Jahren gegründet. Es gab natürlich einige Wechsel, in letzter Zeit aber nicht mehr.
«Mis Huus dis Huus» ist der Vorabsong des neuen Albums. Video: Youtube/bakaramusic
Offiziell heissen Sie Lo & Leduc.Leduc:Einige Zeit hiessen wir gar Lo & Leduc feat. Pacomé. Das führte zu komischen Fragen, wie: Hey, wann gibt Pacomé wieder mal ein Konzert ohne euch? Da mussten wir klarstellen: Wir waren Pacomé, und es hat nicht funktioniert. Als Lo & Leduc sind wir greifbarer fürs Publikum. Es gibt zwei Köpfe: Den Lo und den Leduc. Pacomé war einfach ein weiterer fiktiver Bandname. Aber wie viele Bands gibt es? Es geht darum, vorne hinzustehen.
Das Album haben Sie ohne Pacomé eingespielt, die Band spielt nur die Konzerte. Warum?Leduc:Mit Julia Portmann und Jonas Enkerli waren zwei Bandmitglieder mit uns im Studio. Aber ja, die Bandumsetzung der Songs wird sicherlich teilweise ganz anders tönen als auf dem Album. Das ist uns auch wichtig.
«Es gibt Leute, die meine Ideen viel besser musikalisch umsetzen können.»
Lo:Wir sind im Moment sehr viel im Bandraum. Wenn man ein Jahr an den Liedern arbeitet, mag man sie fast nicht mehr hören. Im Bandraum werden die Lieder wiederbelebt. Da arbeiten zehn Kreativköpfe.
Die Band bringt sich auch ein?Leduc: Sehr, wir sind auch darauf angewiesen. Unser Liveset lebt nicht zuletzt von diesen Neuinterpretationen. Während der Produktionszeit arbeiten wir deshalb mit einem anderen Schlüsselteam. Bei einer Albumproduktion müssen ganz andere Sachen berücksichtigt werden.
Was heisst das?Leduc: Die Beats stammen von drei Produzenten. Beim letzten Album versuchte ich noch, an den Beats mitzuarbeiten. Jetzt habe ich gemerkt, dass es Leute gibt, die meine Ideen viel besser musikalisch umsetzen können. So hat jeder seinen Garten.
Über einen Beat, der Ferienstimmung aufkommen lässt, philosophieren Lo & Leduc in «Erfunde» über bedeutungsvolle Wörter. Video: Youtube/bakaramusic
Und wie muss man sich Pacomé vorstellen? Wie einen grossen Freundeskreis?Leduc: Ich bin wirklich stolz, dass wir es trotz all den Veränderungen und dem Erfolg geschafft haben, Freunde zu bleiben. Das ist nicht selbstverständlich.
Lo:Viele Sänger arbeiten mit gecasteten Bands, weil es effizient sein muss.
Sind Sie effizient?Lo: Nein. Aber für unsere Verhältnisse sind wir unfassbar effizient geworden. Wir waren noch nie so gut für die Proben vorbereitet.
Treffen Sie sich auch mal und die Musik ist kein Thema?Lo: Jetzt selten. Wir haben jedesmal fünf Pendenzen zu besprechen. Darum ist gut, wenn wir uns in einer Gruppe sehen. Dann hat man ein Tischgespräch. Momentan haben wir wenig Zeit für solche Abende.
Leduc: Stimmt, unter Freunden sind wir neutralisiert. Da sind Leute, die interessieren sich nicht für Musik. Das ist beruhigend.
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