Weniger Budget und weniger schräge Vögel
Der Eurovision Song Contest spart. Das spiegelt sich, Zufall oder nicht, im Feld der Teilnehmer. Diese kommen äusserst brav daher – einschliesslich der Favoritin.
Hätte die Heilsarmee die Schweiz am Eurovision Song Contest (ESC) wie geplant in Uniform vertreten dürfen, der Aufmerksamkeits-Bonus wäre wohl beträchtlich gewesen: Denn in Malmö fehlen die obligaten schrägen Vögel fast völlig.
Keine hyperaktiven irischen Zwillinge und keine russischen Omas werden erwartet. Stattdessen kommen beispielsweise eine Dänin, die behauptet, mit Queen Victoria verwandt zu sein und eine Mazedonierin, die 47 Adoptivkinder hat. Beides sieht man allerdings nicht.
Preisgekrönter Sänger
Am auffälligsten ist deshalb wohl der Rumäne Cezar: Er singe, als ob er die Hoden in einer Schraubzwinge eingeklemmt habe, ist in ESC-Foren zu lesen. Der Kenner weiss natürlich: Der Mann ist ein ausgebildeter Countertenor. Stimmen die Quoten der Wettbüros, landet der mehrfach preisgekrönte Sänger aber nur im Mittelfeld.
Er startet wie die Schweizer Takasa – offiziell heisst es «Reinigen» auf Suaheli, inoffiziell ist es die Abkürzung für «The artists known as Salvation Army» – im zweiten Halbfinal am 16. Mai. Dem Rumänen wird, wie den Schweizern, ein knapper Einzug ins Final vom 18. Mai prognostiziert.
Profis und Casting-Stars
Ganz oben sehen die Zocker Emmelie de Forest aus Dänemark. Angeblich ist ihr Grossvater ein uneheliches Kind von König Edward VII, was sie zur Ur-Ur-Enkelin von Königin Victoria macht.
Gefolgt wird die dänische Waldfee auf den Wettlisten von Zlata Ognevich aus der Ukraine, eine von mehreren Teilnehmerinnen, die Musik studiert haben.
Ähnlich zahlreich wie die ausgebildeten Musiker sind heuer nur die Castingshow-Teilnehmer. An nationalen «The Voice»-Ausmarchungen haben beispielsweise die Vertreter Belgiens, Serbiens, Österreichs und Russlands teilgenommen.
Teure Komponisten ...
Ein weiteres Erfolgsrezept liegt im Einkauf von bewährten Musikproduzenten. Ralph Siegel hat diesmal für San Marino komponiert. Verglichen mit ihm ist aber Desmond Child, der für Bonnie Tyler den britischen Beitrag kreiert hat, schon ein anderes Kaliber: Von Aerosmith bis Jon Bon Jovi – kaum ein Star, für den er noch nicht gearbeitet hat.
Auch Norwegen hat sich berühmte Produzenten geleistet: Das Duo MachoPsycho hat unter anderem für Jessica Simpson und Pink komponiert. Die Strategie scheint aufzugehen, die Norwegerin Margaret Berger steht bei den Wetten ganz oben.
Georgien schliesslich – ebenfalls unter den Top Ten – hat sich gleich den Komponisten des letztjährigen Siegersongs «Euphoria» geschnappt, Thomas G:son. Sein Liebesduett «Waterfall» gehört zu den gelungensten Songs der diesjährigen Ausgabe.
... und Sparzwänge
Während manche Länder zumindest für die Komponisten Geld in die Hand genommen haben, müssen andere sparen: Die Türkei, Portugal, Bosnien und die Slowakei traben aus Spargründen gar nicht erst an.
Die Griechen dagegen schon, sie haben in einer privaten TV-Station einen Sponsoren gefunden. Um den Ernst der Lage dennoch nicht zu verharmlosen, treten Koza Mostra in Schottenröcken auf, schliesslich muss das Land sparen. Einen imaginären Trost bietet ihr Songtitel an: «Alkohol ist gratis».
Auch der Austragungsort Malmö spart. Die Veranstalter wollen weg von Bombast und Imponiergehabe, hin zu mehr Humor. Dafür soll die Komikerin Petra Mede in der nur gerade 12'000 Plätze fassenden Friends Arena sorgen. Das Budget beträgt umgerechnet 18 Millionen Franken – gegenüber 60 Millionen in Baku und 42 Millionen davor in Moskau.
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