Schicke Ferien in Hitlers Blöcken
Ferien machen, wo die Geschichte allgegenwärtig ist. Der Koloss von Prora wird zum Ferienwohnungs- «Paradies». Zum Ostseestrand sind es nur 200 Meter. Die Lage ist traumhaft, doch an Infrastruktur mangelt es noch gewaltig.
Die Lage ist ein Traum, doch die Geschichte ist bedrückend. Vielleicht darum hat es vom Beschluss, den Koloss von Prora nicht abzureissen, ja gar unter Denkmalschutz zu stellen, bis zu den ersten fertigen Wohnungen fast 25 Jahre gedauert.
Und jetzt werden sie verkauft, die Penthouses und die nicht minder luxuriösen Wohnungen darunter. Im Block 1 sind praktisch alle verfügbaren Wohneinheiten an den Mann oder die Frau gebracht, zeigt der Besuch auf der Internetseite des Maklers. Ausser eben die ganz teuren oben auf dem Dach.
Block 1? Das ist nicht einfach ein Wohnblock, wie wir uns das gemeinhin vorstellen. Block 1 ist fast 500 Meter lang. Acht solcher Blöcke mit Grossküchen und Speisesälen, eine riesige Festhalle und eine Seebrücke bis weit in die Ostsee hinaus sollten ursprünglich entstehen.
«Kraft durch Freude»
Das war der gigantische Plan von Adolf Hitler und seinen Baumeistern. Auf fast acht Kilometern entlang der Ostsee sollten gleichzeitig 20 000 Leute Urlaub machen. In Zimmern von 2,2 auf 4,75 Metern. Alle gleich möbliert: zwei Betten, eine Schlafcouch, ein Tischchen mit zwei Stühlen – und niemand konnte sich mehr drehen im Raum.
Der Grundstein für dieses Vorhaben wurde 1934 gelegt. Natürlich wären nur ganz getreue Anhänger Hitlers in den Genuss dieser Ferienwoche am Meer gekommen. «Kraft durch Freude» hiess die Organisation, welche die Wochen der Glückseligkeit hätte zuteilen sollen.
Doch so weit ist es nicht gekommen. Zwar wurden tatsächlich eine gewisse Zeit lang an der Ostsee Urlaubswochen vergeben. Aber lange nicht in dem Ausmass, wie das Regime sich das vorgestellt hatte. Als der Krieg im Gange war, verschoben sich die Prioritäten, und in Prora wurden die Bauarbeiten eingestellt. Fünf Blöcke stehen heute auf einer Länge von rund fünf Kilometern.
In der Zeit der DDR wurden die fünf Blöcke den eigenen Bedürfnissen entsprechend fertiggestellt und als Kasernen der Volksarmee (NVA) genutzt. In Block 1 aber machte DDR-Staatschef Walter Ulbricht weiter, wo Hitler aufgehört hatte: Im Erholungsheim brachte er seine Getreuen für einen Urlaub am Meer unter.
Unter Schutz gestellt
Das war der Stand der Dinge, als 1989 die Wende kam. Der Koloss von Prora ging an die Bundesrepublik über, die später beschloss, die Blöcke unter Schutz zu stellen und zu verkaufen. Einer, der zugegriffen hat, ist Gerd Bochowiak aus Berlin. Wie er per Youtube-Filmchen berichtet, kaufte er 2012 zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Block 1 an einer öffentlichen Auktion für 2,75 Millionen Euro.
282 Wohnungen und ein Hotel sind entstanden im langen Gebäude, das mit rund vier Kilometern Entfernung am nächsten beim Ort Binz liegt. Eine 100-Quadratmeter-Wohnung wird zurzeit für rund 350 000 Euro verkauft. Die erste Verkaufswelle für die Wohnungen begann im Jahr 2016.
«In Prora entsteht Binz noch einmal», erklärt Bürgermeister Karsten Schneider. Das sei eine riesige Aufgabe gewesen «und ist es noch». Denn die planerische Hoheit liegt bei der Gemeinde Binz, auf deren Gebiet die Blöcke stehen. «Für Block 1 und 2 ist die Arbeit getan», sagt Schneider. Für Block 3 habe man zusammen mit den Investoren die Grundstruktur festgeschrieben, und in Block 4 gehe es auch vorwärts.
Bleibt Block 5. Dort besteht auf einer Länge von 160 Metern eine Jugendherberge. Besitzer ist der Landkreis Rügen-Vorpommern. «Wir haben dem Jugendherbergswerk seinerzeit den ganzen Block verpachtet», erklärt der zuständige Olaf Manzke. Das soll nun rückgängig gemacht werden. «Wir sind eine Verwaltungseinheit », so Manzke.
Dauerwohnungen geplant
Darum sollen die verbliebenen 340 Meter «Blockruine» an Private verkauft werden. Laut Manzke seien Interessenten vorhanden. «Wir legen im Bebauungsplan das Schwergewicht auf das Dauerwohnen», sagt Binz-Bürgermeister Schneider.
Wahrscheinlich muss er sich dafür mit den Investoren streiten, denn Ferienwohnungen versprechen das schnellere Geld. «Das ist immer so», sagt er. Da habe man Erfahrung gesammelt in den letzten Jahren.
In Prora soll ein neuer Ortsteil entstehen. Das bedeutet auch, dass mindestens ein Lebensmittel-Grossverteiler dorthin ziehen müsste. «Der ist in Block 4 geplant, aber noch nicht realisiert.»
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