Ein Vater gestehtMein Sohn, der Rivale
Titan Kronos frass aus Angst vor Machtverlust seine Kinder auf. Unser Autor ist nicht ganz so archaisch drauf. Aber die zunehmende Unterlegenheit gegenüber dem Nachwuchs macht auch ihm zu schaffen.

«Die Kreis-Taste, Papa, die Kreis-Taste», sagte mein Sohn, als ich zum wiederholten Male an einem seiner Stürmer vorbei ins Leere grätschte. Wir spielten «Fifa» auf der Playstation. Obwohl wir Gegner waren, schwang in seiner Stimme Mitleid mit.
Für uns beide war das Spiel neu. Die erste Partie endete null-null, weil keiner von uns mit dem Controller zurechtkam. Dann hiess es 2:0 für ihn, die dritte Partie endete 5:0. Sein Mitleid wich Irritation: «Wie schwierig kann es sein, für ein Tackling die Kreis-Taste zu drücken?»
Mein Sohn ist fast 13, ich 47. Der unausweichliche Moment, in dem der Nachwuchs einem überlegen ist und einen gar demütigt, ist gekommen. Während mein Sohn erstarkt, schwinden meine Fähigkeiten. Nicht nur die Handhabung des Playstation-Controllers, auch das Gedächtnis («wieso bin ich in diesen Raum gegangen?») und andere körperliche Attribute (Muskeln). Die halb ernst geführten Boxkämpfe mit dem Sohn sind mir unangenehm geworden. Seine Schläge sind nicht mehr kindlich-knuffig, sondern schnell. Und sie tun weh.