Mit Schweizer Milliarden zum CO2-Staubsauger
Die Schweiz soll bei der Entfernung von Treibhausgas aus der Atmosphäre mithelfen. Klimaschützer wollen einen Fonds, den CO2-Verursacher äufnen sollen.

Der neue Bericht des Weltklimarats IPCC zeigt es auf: Um die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad begrenzen zu können, muss nicht nur der Ausstoss von Treibhausgasen rasch sinken. Nötig sind auch negative Emissionen, also die grossflächige Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre und deren dauerhafte Entsorgung im Untergrund. Zumindest enthalten fast alle Szenarien im IPCC-Report diese Massnahme.
Offen ist nicht nur, inwieweit sich ein solches Vorhaben technisch je im grossen Stil realisieren lässt. Unklar ist auch die Finanzierung. Hier hakt die Klima-Allianz Schweiz ein, ein Verbund aus mehr als 70 Organisationen, darunter SP, Grüne und GLP sowie diverse Organisationen aus den Bereichen Umwelt, Entwicklungszusammenarbeit und Kirchen.
Die Allianz will ein neues Instrument schaffen: den sogenannten Klima-Zukunftsfonds. «Jeder, der heute CO2 ausstösst, muss damit rechnen, dass man dieses CO2 wieder aus der Atmosphäre zurückholen muss», sagt Christian Lüthi, Geschäftsleiter der Klima-Allianz Schweiz. In Zukunft müsse daher jeder eine Rückhol- und Entsorgungsgebühr bezahlen – ganz im Sinne des Verursacherprinzips.
Vorbild Atombereich
Da die nötigen Technologien heute noch nicht genügend erprobt sind, flössen diese Gelder in einen Fonds. Die Klima-Allianz Schweiz rechnet mit Kosten von 200 Franken pro Tonne CO2, welche die Verursacher bezahlen müssten, zum Beispiel beim Kauf von Produkten oder bereits bei der Produktion und dem Import der Güter, von Energie und Lebensmittel. Der Fonds würde bis 2050 mit circa 189 Milliarden Franken geäufnet, so die Klima-Allianz Schweiz. Dieser Zahl liegt die vorsichtige Schätzung zugrunde, dass die Schweiz zwischen 2021 und 2050 noch 945 Millionen Tonnen CO2 ausstossen wird.
«Die Fonds-Idee ist ein Politisieren in der Traumwelt.»
Ein Teil der Gelder, so die Idee, würde bis 2050 für laufende Projekte zum CO2-Entzug eingesetzt. Die Generation der heutigen Jugend würde dann selber entscheiden, wie viel Geld sie aus dem Fonds entnähme und ob diese Beträge reichten, um auch einen Teil der laufend entstehenden Klimaschäden zu entschädigen. «Das Verursacherprinzip wäre so eingehalten», so Lüthi.
Der neue Klimaschutz-Fonds hat ein Vorbild, und zwar im Atombereich: den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds. Ersterer wurde 1984 gegründet, Letzterer im Jahr 2000. Der Entscheid dafür oblag in beiden Fällen dem Bundesrat, der die entsprechenden Verordnungen erliess. Es war Moritz Leuenberger (SP), der 1999 als Umweltminister nach der Stilllegung der Atommeiler auch die Entsorgung der Atomabfälle finanziell sicherstellen wollte.
Mit seinem Vorschlag reagierte er nicht zuletzt auf eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Gesamtbundesrat, mit der Atomkraftgegner Druck aufsetzen wollten. Vor diesem Hintergrund will die Allianz nun auch im fossilen Bereich das Bewusstsein dafür schaffen, «dass Kosten anfallen, die in Zukunft nicht gedeckt werden können».
Bürgerliche Politiker winken ab
Im Parlament indes hat es der Vorschlag überaus schwer. Bürgerliche Politiker winken reihum ab. «Die Bildung eines solchen Fonds wäre wieder ein Alleingang der Schweiz», sagt SVP-Nationalrat Hansjörg Knecht. Bereits heute habe die Schweiz den höchsten CO2-Abgabesatz weltweit. Eine weitere Anhebung schwäche die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen. Die CO2-Abgabe beträgt derzeit 96 Franken pro Tonne. Sie fällt nur auf Brennstoffe an, nicht aber auf Treibstoffe.
Peter Schilliger bezeichnet den Vorschlag gar als «Politisieren in der Traumwelt». Die Realität sieht für den FDP-Nationalrat so aus: Das Parlament muss in nächster Zeit das CO2-Gesetz revidieren und dabei zwei Ansprüche berücksichtigen: Das Resultat muss den Verpflichtungen der Schweiz aus dem Pariser Klimaabkommen laut Schilliger «nahekommen» und breit akzeptiert sein. Stefan Häne
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