Muslimbrüder greifen nach der Macht
Die Krise in Libyen entschärft sich vorerst: Die bewaffneten Revolutionsbrigaden zogen sich von den Regierungsgebäuden zurück. Nun werden jedoch Vorwürfe gegen die Muslimbrüder laut.

Libyens Ministerpräsident Ali Zeidan will sich nicht mit den Revolutionsbrigaden anlegen, die seine Regierung unter Druck setzen. «Diejenigen, die Waffen tragen und vor einigen der Ministerien stehen, sind keine Milizionäre, sondern Revolutionäre, die eine Ansicht vertreten, die wir respektieren», sagte der Chef der Übergangsregierung vor der Presse in Tripolis. Gleichzeitig kündigte er eine Kabinettsumbildung an.
Die Revolutionsbrigaden, die seit elf Tagen das Aussenministerium und das Justizministerium in Tripolis blockiert haben, zogen zwar heute ihre Fahrzeuge und Waffen ab. Doch unbewaffnete Kämpfer setzten die Protestaktion fort.
Sie erklärten, sie wollten die Gebäude so lange blockieren, bis Zeidan zurücktrete. Andere Brigaden, die nicht an dem Protest beteiligt sind, bekundeten dagegen ihre Solidarität mit dem Regierungschef.
Durch die Blockade der Ministerien war das Übergangsparlament am vergangenen Sonntag gezwungen worden, über ein umstrittenes Gesetz abzustimmen. Das Gesetz schliesst Funktionäre aus der Ära des 2011 getöteten Langzeitmachthabers Muammar al-Ghadhafi von politischen Ämtern aus. Lokale Medien berichteten, das Parlament habe beschlossen, bis zum 5. Juni ein Gremium zu bilden, das über strittige Fälle entscheiden solle.
Zu den Ex-Funktionären, die von dem Gesetz betroffen sind, gehört auch der frühere Justizminister Mustafa Abdul Jalil. Er hatte sich im Februar 2011 gegen Ghadhafi gestellt und während des Krieges den Nationalen Übergangsrat geleitet.
Vorwürfe gegen Muslimbrüder
In einem Anruf während einer Sendung des libyschen Fernsehens warf Abdul Jalil den Muslimbrüdern vor, diese hätten die Revolutionsbrigaden aufgestachelt. Ihr Ziel sei, erst Chaos zu stiften und anschliessend den Mitgliedern ihrer Bewegung möglichst viele Posten in Regierung und Verwaltung zu sichern.
«Auch das Gesetz über das politische Betätigungsverbot dient den Interessen dieser Vereinigung», fügte er hinzu. Die Muslimbrüder wiesen die Vorwürfe zurück und verlangten eine Entschuldigung.
Anders als in Ägypten, wo die Partei der Muslimbrüder seit dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak bei den Wahlen jeweils die stärkste Kraft war, zog in Libyen ein liberales Bündnis unter Mahmoud Jibril an den Islamisten vorbei. Auch Jibril wird nun wahrscheinlich mit einem zehn Jahre langen politischen Betätigungsverbot belegt.
SDA/rbi
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