Tour de RomandiePlötzlich unverhofft mittendrin
Der 21-jährige Spiezer Nils Brun ist vom Schweizer Rad-Nationaltrainer Michael Albasini für die Rundfahrt in der Westschweiz nachnominiert worden.

Im vergangenen Jahr war Nils Brun eigentlich noch ein Mountainbiker. Jetzt fährt er ab Dienstag mit berühmten Strassenprofis wie Vorjahressieger Geraint Thomas, Chris Froome oder Marc Hirschi die Tour de Romandie. «Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Entsprechend schwierig ist meine Gefühlslage in Worte zu fassen», gesteht der Berner Oberländer. «Dass ich plötzlich an einem World-Tour-Rennen starte, ist wie ein Kindheitstraum, der in Erfüllung geht.» Am Freitag kam das Aufgebot von Swiss-Cycling-Nationaltrainer Michael Albasini für das Team von ausgewählten Schweizern, am Sonntag ist Brun in die Westschweiz angereist. Der 21-Jährige aus Spiez ersetzt im Schweizer Nationalteam den Waadtländer Robin Froidevaux, der nach einem Sturz nicht rechtzeitig fit ist.
Brun hat auf diese Saison hin vom Mountainbike auf das Rennrad gewechselt; vom Swiss MTB Pro Team der Spiezer Cornelia und Manfred Kupferschmied zur Swiss Racing Academy mit Mentor Fabian Cancellara. «Ich habe gemerkt, dass mir im Biken immer etwas fehlte, um ganz mit der Spitze mithalten zu können. Mir behagen lange Aufstiege, doch solche gibt es an Mountainbike-Rennen immer weniger. Ich denke deshalb, dass auf der Strasse für mich mehr möglich ist.» Als unerwartet eine entsprechende Anfrage kam, zögerte Brun nicht. Zumal er schon vorher vereinzelt Strassenrennen bestritten hat. Im November 2020 gewann er den Schweizer-Meister-Titel bei den Elite-Amateuren. Und vor einer Woche siegte er am traditionellen Grand Prix in Kiesen. «Dieser Triumph war sehr schön.» Er habe davon profitiert, dass er in kurzer Zeit extrem viel gelernt habe, meint er und verweist auf die «harten Rennen mit Wind und Kopfsteinpflaster» im Frühjahr mit dem Schweizer Nachwuchsteam in Belgien. Die Swiss Racing Academy fährt mit einer UCI-Continental-Lizenz der dritthöchsten Stufe und besteht vor allem aus U-23-Fahrern. Brun bezeichnet die Equipe für sich als «coole Chance».

Albasini: «Nils ist ausgezeichnet in Form»
Richtig Zeit, um sich Ziele für die Tour de Romandie zu setzen, hatte Brun noch nicht. «Ich will aktiv sein. Ein Traum wäre, in einer Spitzengruppe Unterschlupf zu finden. Jedenfalls ist das eine schöne Erfahrung für mich. Ich will die Rundfahrt deshalb auch geniessen.» Nationalcoach Albasini sagt über den Berner: «Nils ist noch sehr jung, aber ausgezeichnet in Form. Ich bin gespannt, was er zu leisten imstande ist.»
Bisher hat Brun geplant, dass die U-23-EM und -WM sowie die Nachwuchsrundfahrt Tour de l’Avenir die Saisonhöhepunkte bilden sollen. Nun erhält er unvermittelt bereits vorher ein Schaufenster. Der Oberländer verheimlicht nicht: «Mein Ziel ist, irgendwann einen Profivertrag zu erhalten.»
Student und Kitesurfer
Dann könnte er auch vom Radsport leben. Bis jetzt ist das unmöglich. Deshalb wohnt Brun weiterhin im Elternhaus. Nach dem absolvierten Sportgymnasium hat er im vergangenen Herbst an der Universität Bern ein Betriebswirtschaftsstudium begonnen. Bleibt noch etwas Freizeit übrig, ist er am Kitesurfen auf dem Thunersee anzutreffen. Bei der Sportart mit Board und Lenkdrachen ist er sich (Luft-)Sprünge schon gewohnt, nun macht Brun auch auf dem Rennvelo (Leistungs-)Sprünge.
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