Pompeo ist der Mann der harten Linie
Mike Pompeo sieht den Iran als den grossen Unruhestifter in der Region. Er fordert seit Jahren eine härtere Gangart – und wird von Trump sehr geschätzt.

Am 21. Mai 2018 hielt Mike Pompeo eine seiner ersten Reden als neuer US-Aussenminister. Er sprach über den Iran. Kurz zuvor hatte Präsident Donald Trump erklärt, dass er aus dem Atomabkommen aussteigen werde, das sein Vorgänger Barack Obama mit Teheran vereinbart hatte. Pompeos Rede sollte die künftige Politik gegenüber Teheran abstecken. Wer sie heute noch einmal liest, wundert sich nicht, dass die USA und der Iran seitdem hart an den Rand eines Kriegs gekommen sind.
Pompeo, der vor seinem Wechsel an die Spitze des State Department den Auslandsgeheimdienst CIA geleitet hatte, verteidigte Trumps Entscheidung, aus dem Abkommen auszusteigen, damals vehement. Die Vereinbarung sei schwach gewesen, kritisierte er, sie hätte Teherans Nuklearprogramm allenfalls für ein paar Jahre verzögert, aber nicht dauerhaft verhindert, dass der Iran eine Atombombe baue.
Vor allem aber, so Pompeo, habe die mit dem Abkommen verbundene Aufhebung von Wirtschaftssanktionen dem iranischen Regime «neue Reichtümer» gebracht. Diese seien umgehend in die Finanzierung diverser schiitischer Milizen investiert worden, die im Libanon, in Syrien, im Jemen und im Irak für Teheran Krieg führten. Auch den Namen des Mannes, der dafür verantwortlich war, erwähnte Pompeo: Qassim Soleimani.
Das Bild, das Pompeo von Teherans Rolle zeichnet, ist düster. Aber es ist sehr kohärent.
Seit dem tödlichen Angriff der USA auf Soleimani werfen Kritiker Trump vor, keine Strategie im Umgang mit dem Iran zu haben. Das mag im Falle des Präsidenten richtig sein. Auf Pompeo aber trifft es bestimmt nicht zu. Das Bild, das der Aussenminister von Teherans Rolle im Nahen Osten zeichnet, ist düster. Aber es ist sehr kohärent. So, wie Pompeo es sieht, ist der Iran die treibende Kraft hinter dem Chaos in der Region. Um seinen Einfluss auszuweiten, zettelt das Regime überall Stellvertreterkriege an.
Die USA müssten diese blutige Geopolitik mit aller Härte kontern und sich und ihre Verbündeten – allen voran Israel – schützen. Soleimani auszuschalten, war aus Pompeos Sicht daher fast schon zwingend. Dass die «Washington Post» jüngst berichtete, der Aussenminister habe schon «vor Monaten» mit Trump über eine Attacke auf Soleimani gesprochen, war insofern zwar interessant, aber kaum überraschend.
Mattis war kein Haudrauf
Wann genau dieses Gespräch stattgefunden haben soll, schrieb die Zeitung nicht. Offensichtlich ist: Damals folgte Trump dem Ratschlag Pompeos nicht. Es ist daher möglich, dass das zu einer Zeit war, in der James Mattis noch Verteidigungsminister war. Der frühere General der Marineinfanterie war bestimmt kein Iran-Versteher. Er hatte erlebt, wie die von Soleimani ausgerüsteten Milizen im Irak Hunderte US-Soldaten getötet hatten. Aber Mattis war als Politiker kein Haudrauf. Ob er einem so eskalationsträchtigen Schlag wie der Tötung Soleimanis zugestimmt hätte, ist offen.
Mattis allerdings trat Ende 2018 als Verteidigungsminister zurück. Und sein Nachfolger Mark Esper hat längst nicht die Statur seines Vorgängers. Zwar war auch Esper früher Soldat, er hat 1991 als Heeresoffizier im Golfkrieg gekämpft und wurde für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Aber mit dem Viersterngeneral Mattis, dessen Spitzname «Mad Dog» Trump stets besonders imponiert hat, konnte der einstige Oberstleutnant Esper nicht mithalten.
Trumps Liebling
Ebenso wenig verfügt Esper als Verteidigungsminister über den direkten Zugang zum Präsidenten, den Pompeo geniesst. Nähe bedeutet in Washington Macht – und im Falle Trumps gilt diese Regel ganz besonders. Der Präsident vertraut nicht vielen Beratern, und eine wesentliche Voraussetzung, um Einfluss auf ihn nehmen zu können, ist, persönlich gut mit ihm auszukommen. Das schafft Pompeo offenbar. Schon als CIA-Chef hatte er sich dazu entschieden, alle paar Tage selbst ins Weisse Haus zu fahren, um Trump Bericht zu erstatten. Normalerweise ist ein CIA-Mitarbeiter für dieses «Presidential Intelligence Briefing» zuständig. Doch Pompeo scheint früh erkannt zu haben, wie wichtig eine gute Beziehung zu Trump ist.
Vermutlich war es daher auch kein Zufall, dass Pompeo als CIA-Direktor für Trump die politisch äusserst heikle Mission übernahm, die Gespräche mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un einzufädeln. Was immer er selbst von dieser überraschenden Annäherung an einen Feindstaat gehalten haben mag – dem Präsidenten war es wichtig. Also reiste Pompeo pflichtbewusst nach Pyongyang.
Als Aussenminister hat Pompeo diese Vertrauensstellung ausgebaut. Er ist in der Öffentlichkeit absolut loyal, er verteidigt den Präsidenten bei Fernsehauftritten offensiv – für Trump vielleicht der wichtigste Treuebeweis –, und er setzt die aussenpolitische Agenda seines Chefs ohne Abstriche um. Genau so will es Trump.
Klassenbester in West Point
Es gibt ein weiteres Detail, das einigen Washingtoner Beobachtern zufolge Auswirkungen auf das Binnenverhältnis zwischen Pompeo und Esper hat. Beide haben an der US-Militärakademie in West Point studiert, beide gehören zum Abschlussjahrgang 1986. Pompeo graduierte damals freilich als Klassenbester – eine Auszeichnung, die ihn über seine Kommilitonen heraushob, mithin auch über Esper. Selbst wenn Esper später in einem Krieg diente und Pompeo mit seiner Einheit im friedlichen Deutschland stationiert war, wo er es nur bis zum Hauptmann brachte.
Ob das alles heute noch wichtig ist für die Machtverteilung im Kabinett, darüber kann man wohl streiten. Klar ist: Pompeo ist in- und ausserhalb der Regierung deutlich präsenter als sein Pentagon-Kollege. Paroli konnte ihm im Weissen Haus allenfalls John Bolton bieten, als dieser den Posten des Nationalen Sicherheitsberaters innehatte. Seit Bolton im September 2019 durch den eher farblosen Robert O'Brien ersetzt worden ist, ist Pompeos Einfluss noch einmal gestiegen.
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