
Die «Neue Zürcher Zeitung» regt sich darüber auf, dass Ueli Maurers Englisch suboptimal klang, als er CNN ein Interview zum Iran gab. Maurer wurde befragt, weil er für Donnerstag überraschend von Donald Trump ins Weisse Haus eingeladen worden war. Darüber hinaus, so donnert die NZZ, hätten die Kommunikationsleute des Bundespräsidenten dafür sorgen sollen, dass immerhin die Widmung, die dieser im Gästebuch hinterliess, fehlerfrei ausfiel.
Tatsächlich hatte Maurer «Withe House» geschrieben, was unschön aussieht. Ausserdem unterzeichnete er als «Präsident Switzerland», was mich persönlich mehr störte, da es einen falschen, da zu bombastischen Eindruck erweckt. Noch ist die Eidgenossenschaft keine Präsidialdemokratie, sondern der Bundespräsident vorwiegend ein Sitzungsleiter auf Zeit.
Und trotzdem ist offen, wer hier provinzieller wirkt: Ueli Maurer, wie die NZZ befürchtet, oder das Weltblatt selbst, das sich über solche Quisquilien enerviert. Denn ausser Frage steht: Ueli Maurers Besuch war ein Erfolg – und zu einem gewissen Grad dürfte Maurer persönlich dafür verantwortlich sein.
Denn Trump trifft in der Regel, wer ihm empfohlen wird. Dass Maurer, der einstige Chef der grössten und konservativsten Partei der Schweiz, ein Mann sein könnte, der Trump liegt, haben dessen Berater richtig erkannt.
Der amerikanische Botschafter in Bern, der sich gut auskennt in unserem Land, weiss, welche Bundesräte in Washington etwas auszulösen vermögen. Ebenso ging es wohl darum, potenzielle konservative Verbündete zu pflegen. Vor kurzem hatte Trump Sebastian Kurz empfangen, den österreichischen Bundeskanzler, einen Regierungschef aus einem Land also, das wie die Schweiz eigentlich zu klein ist, um von den USA speziell beachtet zu werden. Auch hier dürfte eine Rolle gespielt haben, dass Kurz ein Konservativer ist, der in Europa nicht allerorten geliebt wird, weil er Dinge sagt, die Trumps Positionen gleichen. Vor allem lud Trump, ein politischer Aussenseiter, der dem Establishment verhasst ist, mit Maurer einen ehemaligen Aussenseiter ein, der vor ein paar Jahren ähnlich verhasst war wie Trump.
Wenn einer davon erzählen kann, wie es sich anfühlt, zuerst als Nobody verspottet, dann als Brandstifter bekämpft zu werden, dann unser Bundespräsident, den inzwischen selbst Linke loben. Die beiden, so ist zu vermuten, haben sich bestens verstanden.
Gewiss, der Iran stand im Mittelpunkt, und die Schweiz ist für die Amerikaner von Belang, weil sie seit langem die USA in Teheran vertritt – es handelt sich um einen der heikelsten, aber auch prestigereichsten Guten Dienste, die unser Land erfüllt. Trump will mit dem Iran ins Gespräch kommen, die Schweizer sollen vermitteln, deshalb bat er Maurer so kurzfristig zu sich. Hätte es sich für die Amerikaner nicht in erster Linie um den Iran gedreht, wäre Maurer kaum mit John Bolton zusammengetroffen, dem Sicherheitsberater von Trump. Andere Gespräche, zum Beispiel mit Handelsdiplomaten, fanden keine statt.
Maurer verkörpert vielleicht wie kein anderer jenen Schweizer, den die Amerikaner meinen.
Dennoch hat Maurer die Interessen unseres Landes befördert. Sowohl die USA als auch die Schweiz streben ein Freihandelsabkommen an, doch fehlte es bisher an der nötigen Entschlossenheit. Dass Trump von Maurer nun persönlich vernommen hat, dass die Schweiz dazu bereit ist, dürfte die Verhandlungen erleichtern. Wenn Trump hört, dass die kleine Schweiz der siebtgrösste ausländische Investor in den grossen USA ist, und Maurer hat es ihm bestimmt gesagt, dann muss ihm das geblieben sein. Trump mag vielleicht seine Dossiers nicht lesen, doch Zahlen hat der Milliardär schon immer verstanden. Ob Maurer ihm das in elegantem oder gebrochenem Englisch mitgeteilt hat, ist dagegen die unwichtigste Sache der Welt.
Trump erkundigte sich bei Maurer, warum die Schweizer überall so beliebt sind. Eine typische Frage für einen Amerikaner, denn die Schweizer sind vor allem in den USA wohlgelitten; ob man sie nun für Schweden oder Schweizer hält, ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Trump hätte keinen besseren Gast fragen können. Denn Maurer selbst verkörpert vielleicht wie kein anderer jenen Schweizer, den die Amerikaner meinen. Einen ehrlichen Makler, einen tüchtigen Dienstleister und Produzenten, der nicht zu viel sagt, sondern murrt, aber immer hält, was er verspricht.
Es mag eine Kränkung sein für manche, aber der Schweizer ist in Amerika nicht berühmt dafür, dass er gut reden kann. Pünktliche Lieferung, Maschinen, die laufen, Medikamente, die helfen, Bankiers, die schweigen: Das ist Switzerland. Und man mag es. Warum ändern, was funktioniert?
----------

Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Pünktliche Lieferung
Ueli Maurer selbst verkörpert vielleicht wie kein anderer jenen Schweizer, den die Amerikaner meinen. Dass sein Englisch holprig ist, ist die unwichtigste Sache der Welt.