Alpines Museum BernReduit in Nordkorea
Das Alpine Museum ist mit seiner Ausstellung «Let’s Talk about Mountains» zu Nordkorea politischer, als es das Bergthema vermuten lässt. Und unterhaltender.

Der Paektusan (2750 Meter) ist der höchste Berg von Nordkorea, der Hallasan (1950 Meter) der höchste Berg von Südkorea – dazwischen liegt die Grenze zum abgeschottetsten Land der Welt. Auf beiden Gipfeln filmte das Team des Alpinen Museums, und wenn man jetzt als Besucherin oder Besucher in den letzten Raum der eben eröffneten Ausstellung kommt, sieht man die farbigen und fröhlichen Bergszenen von beiden Gipfeln grossflächig nebeneinander. Und man findet nur schwer oder gar nicht heraus, welche Seite sich im staatssozialistischen Nordkorea befindet und welche im kapitalistischen Südkorea.
Diese eindrückliche Schlussszene bringt auf den Punkt, was Ausstellungsmacher Beat Hächler, der das Alpine Museum auch leitet, und Filmer Gian Suhner mit «Let’s Talk about Mountains» gelingt: bequeme Denk- und Sehgewohnheiten herauszufordern. Auch bei uns.

Nordkorea ist in unseren Augen das Land der Finsternis, man kennt Diktator Kim Jong-un, der gerade diesen Donnerstag wieder einmal zwei ballistische Raketen zu Testzwecken abfeuerte. Vor dem geistigen Auge sieht man leer gefegte Monsterstrassen in der Hauptstadt Pyongyang, und man weiss: Die Covid-Krise führt dazu, dass das Regime den zaghaften Lockerungskurs der letzten Jahre, in dessen Rahmen die zwei Reisen der Crew von Hächler und Suhner möglich waren, mit harter Hand zurückfährt.
Können Bergbilder mehr als verharmlosen? Die Equipe des Alpinen Museums musste in Nordkorea zahlreiche Bedingungen akzeptieren: ständig von Guides begleitet zu werden etwa. Zudem waren Filmbilder von Baustellen oder ärmlich wirkenden Gegenden tabu. Trotzdem sieht man Bilder, die viel sagen.
Wirklich umwerfend – nicht nur für Schulklassen – sind die Szenen aus nordkoreanischen Schulstunden. Die uniformierten Schülerinnen und Schüler geben vor dem gestrengen Lehrer, der mit einer modernen Touchscreen-Tafel hantiert, ihr Wissen zum heiligen Revolutionsberg Paektusan zum Besten. An dessen Hängen orchestrierte Revolutionsführer Kim Sung-il gemäss nordkoreanischer Geschichtsschreibung den Befreiungskrieg gegen Japan, später soll Kim Jong-il, der Vater des heutigen Herrschers, in einer ärmlichen Blockhütte das Licht der Welt erblickt haben.

Foto: PD/Alpines Museum/Katharina Schelling
Die nordkoreanischen Schüler haben alles intus, und sie werden frühzeitig auch in die Taktik des Guerillakampfs in den Bergen eingeführt. Man ertappt sich dabei, selbstsicher in die Maske zu lächeln – um dann plötzlich zu realisieren, dass die nordkoreanische Klasse gar nicht so anders redet, als es einst auch in der Schweiz tönte, wenn man von der Reduit-Taktik der Armee im Zweiten Weltkrieg sprach.
Und apropos in die Maske lächeln: Laut Beat Hächler werden sowohl die südkoreanische wie die nordkoreanische Botschaft der Einladung zum Ausstellungsbesuch Folge leisten. Getrennt. Man wüsste gern, ob sie richtig tippen, welche Bergszene auf dem Paektusan spielt und welche auf dem Hallasan.
Auf eine Anfrage dieser Zeitung, zur Ausstellung im Alpinen Museum Stellung zu nehmen, reagierte die nordkoreanische Botschaft in Muri bis jetzt nicht.
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