Trauer und Bestürzung: Der Tod des achtjährigen Schülers – er wurde auf dem Fussgängerstreifen von einem Lastwagen überfahren – löst Betroffenheit aus. Jetzt wird über die Sicherheit auf dem Schulweg diskutiert.
Blumen und Lichter für das verunfallte Kind: Im Kappelisacker leuchten Kerzen für den Schüler, der von einem Lastwagen erfasst wurde.
(Bild: Iris Andermatt)
Stumm stehen einige Schülerinnen und Schüler auf dem Trottoir. Dutzende von Kerzen stehen dort, Blumen, Teddybären und mittendrin das Foto eines Achtjährigen. Der Zweitklässler aus Ittigen ist am Mittwochmorgen an dieser Stelle gestorben. Eine Frau ist hergekommen, Tamilin wie der Schüler. Sie hat Tränen in den Augen.
Wie es zum tragischen Unfall kam, ist nicht vollends geklärt. Fest steht: Der Bub wurde von einem Lastwagen überrollt, als er den Fussgängerstreifen bei der Bushaltestelle Kappelisacker überqueren wollte. Der Lastwagen sei rechts abgebogen, sagt Kapo-Sprecherin Daniela Sigrist. Zum Halter des Fahrzeugs gibt die Polizei keine Auskunft. Wer die Situation vor Ort kennt, kommt zum Schluss, dass der Fahrer auf den Parkplatz des Ladenzentrums fahren wollte.
Der verunfallte Schüler war auf dem Weg zum Schulzentrum Rain. Im Eingang des Primarschulhauses brennt auf einem Tisch eine Kerze, eingerahmt mit Herbstblättern. «Wir vermissen dich», haben seine Mitschüler auf ein weisses Blatt geschrieben. «Es herrscht eine bedrückte Stimmung, viele weinen», erzählt Schulleiter Werner Furer. Die betroffenen Klassen würden betreut – von Personen der Erziehungsberatung und dem Careteam der Kantonspolizei.
Ist der Schulweg unsicher?
Die Sicherheit des Schulweges führt nach dem Tod des Schülers zu Diskussionen. Die Schule habe den Eltern geraten, die Kinder nicht mehr zu begleiten, sagte der Vater des Verunfallten gegenüber «20 Minuten». Werner Furer bestätigt: «Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die Kinder den Schulweg nach einer Eingewöhnungszeit selbst zurücklegen sollten. Das ist wichtig für die sozialen Kontakte.» Vehement wehrt sich Furer gegen den «Autotourismus». Eltern sollten ihre Kinder nicht im Wagen zur Schule bringen. Für Schulleiter Furer ist aber klar: Es müsse nun diskutiert werden, wie die Schulwege sicherer gemacht werden können. «Die Schule und der Elternrat haben mehrmals Vorschläge gemacht, zum Beispiel mit Schwellen, Markierungen oder Tempo-30-Zonen.» Doch die Situation habe sich nicht verändert.
Gerade auf der Grauholzstrasse, die am Schulhaus vorbeiführt, rollt der Verkehr zu Spitzenzeiten fast pausenlos. Fuhrer: «Viele Autofahrer sind generell zu schnell unterwegs. Das sind potenzielle Täter.»
Weitere Tempo-30-Zonen
Heiri Fuhrer, Leiter Bereich Sicherheit der Gemeinde Ittigen, sieht die Sache anders: «Die Gemeinde hat viel in die Sicherheit der Fussgänger investiert. Es wurden Trottoirs gebaut und erste Quartiere verkehrsberuhigt. Und wir bleiben dran.» Gerade in diesen Wochen werden in den Quartieren Halenfeld und Mannenberg Tempo-30-Zonen eingerichtet. Weitere Zonen sollen 2012 realisiert werden, so auch im Quartier Kappelisacker, wo der Unfall geschah. Dort leuchteten auch am zweiten Abend viele Lichter für den Knaben, der am Mittwoch sein Leben lassen musste.
Zwei Schüler verunglücken in Ittigen und in Worb am gleichen Tag tödlich – auf dem Fussgängerstreifen. Sind die Strassen und insbesondere die Schulwege für die Kinder gefährlicher geworden? Nehmen Autofahrer zu wenig Rücksicht, oder sind sie unachtsam? Nach den Unfällen hat die Kantonspolizei bereits reagiert. «Wir verstärken unsere Präsenz an neuralgischen Punkten», sagte Sprecherin Daniela Sigrist gestern. Ab heute stehen im ganzen Kanton bei Fussgängerstreifen auf viel befahrenen Strassen Polizisten. «Damit wollen wir Autolenker und Kinder auf die Risiken aufmerksam machen», so Sigrist.
Berner Zeitung
Erhalten Sie unlimitierten Zugriff auf alle Inhalte:
Abonnieren Sie jetzt