Zunehmend dünne Luft an der Fitnessmeile
Die Zahl der Yogastudios, Gyms und Gesundheitszentren nimmt in Bern kontinuierlich zu. Es droht ein Überangebot. Etwa an der Effingerstrasse, wo sich besonders viele Anbieter tummeln.
Der Gang ins Gym ist zu etwas Alltäglichem geworden. Mehr noch: zu einem Lifestyle. Der Markt hat auf diesen Trend längst reagiert. Auch in der Stadt Bern. In den vergangenen Jahren schossen die Muckibuden nur so aus dem Boden. Und: Es werden immer mehr. Gleichzeitig nehmen auch die Verteilkämpfe in der Branche zu.
Bestes Beispiel dafür ist die Situation an der oberen Effingerstrasse. Zwischen Kocherpark und Hirschengraben gibt es diverse Gyms, Yogastudios und Trainingszentren. Und bald kommt ein weiteres dazu: Die Fitnesskette Evo bereitet den Einzug ins ehemalige Schanzenpost-Provisorium vor. Bezugstermin: Mitte April. In unmittelbarer Nähe, an der Christoffelgasse, plant zudem die Migros einen dreistöckigen Fitness- und Wellnesstempel.

Konkurrenz für den Dino
Von den jüngsten Entwicklungen direkt betroffen ist der Fitnessclub Plus, ein Urgestein der Szene. Vor 29 Jahren öffnete der seine Türen und war damit einer der Ersten seiner Art in der Stadt. Rund tausend Kunden trainieren regelmässig im Club.
«Der Markt ist langsam, aber sicher gesättigt.»
Beim Fitnessdino ist man sich Konkurrenz gewohnt. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite steht seit Jahren ein anderes Studio. Die Tatsache, dass die neue Evo-Filiale keine 50 Meter entfernt sein wird, sorgt dennoch für Kopfschütteln. «Der Markt ist langsam, aber sicher gesättigt», sagt Geschäftsführer Urs Kobel bei einem Besuch vor Ort.

Er gibt sich kämpferisch: «Wir ziehen uns deshalb sicher nicht ins Schneckenhaus zurück.» Während im Hintergrund Menschen zu elektronischer Musik pedalen, stretchen und Gewichte drücken, schiebt Kobel nach: «Konkurrenz ist immer auch ein Ansporn dafür, selbst besser zu werden.»
Ähnlich tönt es vonseiten der neuen Nachbarn. Auf die Frage, ob der Standort Effingerstrasse nicht bereits überlaufen sei, entgegnet Evo-Sprecher Jan Guler schriftlich: «Wir scheuen die Konkurrenz nicht.» Schliesslich verfolge man eine «ambitionierte Expansionsstrategie».
Die Fitnessmeile
Tatsächlich hat Evo in der jüngeren Vergangenheit bereits in Zürich, Basel und Genf Fuss gefasst. Nun folgt also Bern. Spätestens wenn 2018 auch noch die Migros an die Christoffelgasse zieht, wird der Perimeter endgültig zur Fitnessmeile.
Bei genauerer Betrachtung verwundert das nicht. Der Standort ist attraktiv, der Bahnhof gleich um die Ecke. Uni, Verwaltung und Dienstleister befinden sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe. Und mit ihnen die Kundschaft, die über den Mittag Gewichte stemmt und nach dem Feierabend auf dem Laufband Kilometer abspult. «Wir haben lange von einem Standortvorteil profitiert», weiss auch Urs Kobel.
Branchenverband reagiert
Drohende Überangebote wie an der Effingerstrasse blieben auch dem Branchenverband der Schweizerischen Fitness- und Gesundheitscenter (SFGV) nicht verborgen. Verbandspräsident Claude Ammann bestätigt: «Wir sehen die Verdrängungskämpfe.» Diese seien aber nicht zwingend schädlich.
«Wir sehen die Verdrängungskämpfe.»
Ammann verweist dabei auf eine Studie aus dem Jahr 2015. Demnach besitzen heute erst zehn Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung ein Fitnessabo. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen für den SFGV-Präsidenten, dass nach wie vor «viel Potenzial» vorhanden sei.
Um dieses Potenzial vermehrt auszunutzen, weibelt Ammann derzeit an vorderster Front für die Volksinitiative «Ja zur Bewegungsmedizin» (siehe Infobox). Diese sieht vor, die Fitnessbranche stärker ins Gesundheitssystem einzubinden. So soll der Bund Fitnessabos künftig massiv subventionieren. Davon würden logischerweise auch die Anbieter, gerade die kleineren, profitieren.
«Ehrliche Qualität»
Zurück an die Effingerstrasse: Wie er auf die zusätzliche Konkurrenz reagieren soll, weiss Urs Kobel noch nicht im Detail. Gut möglich, dass er bei den Preisen gewisse Anpassungen vornimmt. Die Kette nebenan lockt mit billigeren und monatlich kündbaren Monatsabos. Im Gegensatz dazu biete sein Fitness den Besuchern umfangreiche Betreuung sowie Gruppenkurse und einen Wellnessbereich, entgegnet der Geschäftsführer.
«Wenn wir unseren Job richtig machen, dann ist die neue Situation auch eine Chance.»
Matchentscheidend für das längerfristige Wachstum kleinerer Gyms ist laut Kobel aber nicht der Preis, sondern die «ehrliche Qualität». Den Ausdruck wiederholt er mehrfach, fast mantrahaft. Dazu gehöre der persönliche Kontakt zu den Kunden. Gut ausgebildetes Personal. Individuelle Kundenlösungen. «Wenn wir unseren Job richtig machen, dann ist die neue Situation auch eine Chance.» Klar, dass er das sagt. Die Luft wird dünn an der Berner Fitnessmeile.
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