Abschied vom Ehrenbrigadier
Im Alter von 78 Jahren verstarb Erwin Mollet am 21. August im Solina Spiez. Der als «Spiezer Original» bekannte Elektrorollstuhlfahrer verbrachte insgesamt 63 Jahre seines Lebens im Solina.

Erwin Willy Mollet wurde am 9. September 1939 in Bern geboren. Er erkrankte an Kinderlähmung und war deshalb schon von klein auf schwer körperlich behindert. Die ersten fünf Jahre seines Lebens verbrachte er bei seinen Grosseltern und seiner Tante. Eine Schulbildung erhielt Erwin im Kinderheim Kronbühl bei St. Gallen, wo er von Mai 1946 bis Mai 1954 wohnte.
Am 1. Juni 1954 trat der damals erst vierzehnjährige Tetraplegiker ins Solina Spiez ein, welches damals noch Asyl Gottesgnad hiess. Dort kam er in ein Zimmer mit fünf anderen Bewohnern. Im Jahr 1956 wurde er in Spiez konfirmiert. Nach der Eröffnung der Migros im Jahr 1957 verkaufte Erwin Mollet Rauchwaren, Schokolade und andere Süssigkeiten, später auch Vereinsabzeichen und Lotterielose beim Eingang. Ausserdem hütete er Kinder, Hunde und Taschen von Kundinnen und Kunden. So wurde er als «Spiezer Original» bekannt. Nebenbei verfasste er Bücher und Gedichte, zuerst mit der noch bewegungsfähigen Hand, nach einem verhängnisvollen Sturz im Jahr 1992 mit dem mundgesteuerten Roboter.
Pfadfinder und Armee
In seiner Freizeit war Erwin ein begeisterter Pfadfinder. Unter seinem Pfadinamen «Bäggubrägu» nahm er viele Jahre an den Nachmittagen und Lagern der Pfadi Mattstetten, Abteilung Schekka, teil. Dort knüpfte er einige gute Freundschaften. Seine grösste Leidenschaft aber galt der Armee. Im Jahr 1980 nahm er zum ersten Mal während fünf Tagen an einem Armeelager für Behinderte im Melchtal teil. Bis 1988 gehörte er dort zu den regelmässigen Teilnehmern. Er erhielt eine Uniform, die er mit Stolz trug. Auf dem Waffenplatz Thun begann er, sich für Panzer zu interessieren.
Erwin Mollet wurde von Adjutant Bieli geschult und mit der Zeit zu einem ausgewiesenen Spezialisten des Schützenpanzers Piranha. Er durfte sogar die Rekruten in der Wartung des Piranhas schulen. Seine Mitarbeit im Militär befriedigte ihn sehr, und dank seiner fröhlichen Art konnte er Freundschaften mit etlichen Soldaten schliessen. Er wurde stets weiterbefördert, im Jahr 1990 zum Ehrenoberst und im Jahr 1998 gar zum Ehrenbrigadier.
Kein Weg war ihm zu weit
Uniformen faszinierten Erwin Mollet sein Leben lang. Er unterhielt so auch gute Beziehungen zur Kantonspolizei Bern. Jahrelang wurde er als Gast zu den Vereidigungen der frisch ausgebildeten Polizisten ins Schloss Spiez eingeladen. Seine Behinderung war kein Grund für ihn, auf Sport zu verzichten. Ob den General- Guisan-Marsch, den Thuner Waffenlauf, den Zweitagemarsch von Bern oder den 100-Kilometer-Lauf, ihm war kein Weg zu weit oder zu beschwerlich, um ihn mit seinem Rollstuhl zu absolvieren.
Geprägt hat er auch das Bild vom Solina, wo er sich oft im Eingangsbereich aufhielt, um sich mit Mitarbeitenden oder mit Besuchern zu unterhalten. Seine Lebenseinstellung, was er alles erreicht hat trotz seiner Behinderung und wie er auf die Menschen zugegangen ist, hat alle tief beeindruckt. Und man wird Erwin Mollet in guter Erinnerung behalten.
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