Keine fahrlässige Körperverletzung
Freisprüche für zwei Beschuldigte, die wegen eines Sprengunfalls vor Gericht standen.

Was sich bereits bei der Einvernahme der zwei Beschuldigten und von drei Zeugen am Mittwoch herauskristallisiert hatte, bestätigte sich am Donnerstag. Entgegen den Aussagen des angeblich verunfallten Mannes kann es den Sprengunfall bei einem Tunnelbau im Sommer 2014 gar nicht gegeben haben. Dies erhärtete am Donnerstag die Befragung des am Mittwoch nicht erschienenen Zeugen.
Dieser befand sich in der fraglichen Nacht zusammen mit dem angeblich Verunfallten und zwei weiteren Arbeitskollegen im Tunnel. Vor der Nachsprengung seien die üblichen Warnsignale ertönt, sagte der Zeuge. «Danach sind die Arbeiten normal fortgesetzt worden», gab er zu Protokoll. Auch der angeblich Verletzte habe seine Tätigkeit wieder aufgenommen. Von einem Unfall habe er nichts erzählt, auch die Arbeitskollegen hätten nichts Ungewöhnliches festgestellt.
Warnsignale nicht korrekt?
Anders sah der Anwalt des als Privatkläger aufgetretenen angeblichen Verunfallten den Sachverhalt. Unter anderem bezweifelte er, ob die Warnsignale vor der Nachsprengung korrekt erfolgt seien. Zudem bezeichnete er die Kommunikation zwischen dem Mineur, der die Nachsprengung auslöste, und seinem Klienten als mangelhaft. Dessen Aussagen seien absolut widerspruchsfrei und deshalb glaubwürdig, so der Anwalt.
Hingegen betrachtete er einige Zeugenaussagen als nicht relevant. Aufgrund der Fakten müsse sich der Unfall so zugetragen haben, wie dies von seinem Mandanten geschildert worden sei. Er wies dabei auf die gesundheitlichen Folgen wie das Knalltrauma und psychische Probleme hin, die von verschiedenen Fachstellen bestätigt worden seien. Er beantragte eine angemessene Bestrafung der Beschuldigten wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung und die Vergütung der Parteikosten des Unfallopfers. Die Zivilklage war bereits vor der Gerichtsverhandlung zurückgezogen worden.
In dubio pro reo
«Die Staatsanwaltschaft hat in ihrem Urteil einzig auf die Schilderung des Verunfallten abgestellt», monierte der private Verteidiger des Mineurs. Dieser habe klare Warnsignale abgegeben. Die Aussagen des Privatklägers bezeichnete er als unglaubwürdig. Er war auch erstaunt darüber, dass dessen Strafanzeige erst zwei Jahre nach dem angeblichen Unfallereignis erfolgt sei.
Die Vermutung, dass der Mann von Mitarbeitern der Baufirma zum Schweigen aufgefordert worden sei, verwies der Verteidiger ins Reich der Fantasie. Im Sinne von In dubio pro reo («Im Zweifel für den Angeklagten») hätte die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen müssen. Der Verteidiger beantragte einen Freispruch in Bezug auf die Vorwürfe der fahrlässigen schweren Körperverletzung.
In die gleiche Kerbe hieb auch der private Verteidiger des beschuldigten Bau- und Projektleiters der Baufirma. Lediglich in Bezug auf die Missachtung der Vorschriften über die Verhütung von Berufsunfällen (Unfallversicherungsgesetz) sah er ein Verschulden.
«Urteil nicht leicht gemacht»
«Ich habe mir die Urteilsfindung nicht leicht gemacht», sagte Einzelrichterin Franziska Friederich Hörr bei der Urteilseröffnung. Aufgrund der übereinstimmenden Zeugenaussagen sei sie zum Schluss gekommen, dass sich der Unfall nicht wie vom Privatkläger geschildert zugetragen haben könne.
Im Sinne von In dubio pro reo gelangte sie in den Hauptanklagepunkten zu Freisprüchen beziehungsweise zur Einstellung der Strafverfahren. Der Projektleiter wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 9 Tagessätzen zu 170 Franken bei einer Probezeit von 2 Jahren und zu einer Busse von 510 Franken verurteilt. Beim Mineur sind es eine bedingte Geldstrafe von 8 Tagessätzen zu 120 Franken bei einer Probezeit von 2 Jahren und eine Busse von 240 Franken.
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