Klangwelten wie lächelnde Windböen
Im Rahmen der Thuner Schlosskonzerte trug das Florian Favre Trio sein Publikum fort auf einer jazzig-lächelnden Windböe. Im Rittersaal des Schlosses erklangen Stücke von ihrer CD «On a Smiling Gust of Wind».

Ein plauderndes Piano, ein brummender Bass und ein schwatzhaftes Schlagzeug wussten am Freitag im Thuner Rittersaal tonale Geschichten zu erzählen, die der Fantasie Flügel verleihen. Der Freiburger Pianist Florian Favre, der Genfer Bassist Manu Hagmann und der französische Schlagzeuger Arthur Alard begeben sich augenscheinlich in eine Trance und nehmen ihr Publikum kurzerhand mit in ihre Klangwelt. Favre bewegt beim Spiel sanft den Kopf bei leicht geöffnetem Mund, als wollte er sich wohlig in die Töne kuscheln. Mit teils magischem Blick auf die Saiten bearbeitet Hagmann sein grosses Instrument wie ein Physiotherapeut. Die Mimik von Schlagzeuger Alard reicht von Beseeltheit bis schmerzensreichem Leiden. Allein diese Künstlertrancen sind optisch schon einen Konzertbesuch wert. Zwischendurch erwachen die drei aus ihrer Welt und strahlen, als ob sie gerade entdecken würden, was sie da tun – und sie freuen sich unbändig.
Das Geheimnis des Trios
Musikalisch hütet das Trio ein Geheimnis, denn seine Stücke sind geniale Seelenfänger. Es beginnt meist ganz zart mit einem lauen Lüftchen, und ehe sich der Zuhörende versieht, steht er mitten in einer steifen Brise, die ihn vorträgt in die favresche Klangwelt – eben auf dieser lächelnden Windböe, nach der sie ihre letzte Platte benannt haben. Das Stück «Nanomelie» entspreche seinem Herkunftsort Fribourg, parliert Favre zu Anfang in seinem zauberhaften welschen Akzent. Es habe wenig Motive und sei minimalistisch angelegt, denn bei ihnen gebe es ja mehr Kühe als Menschen. Favre wird als einer der bemerkenswertesten Jazzpianisten seiner Generation gefeiert. Das Publikum im Rittersaal schenkt dem Charmingboy bei seiner amüsanten Conférence ein verliebtes Gelächter.
Die Dynamik, die jedem der gespielten Stücke innewohnt, passt in kein Schema. Sie zu kopieren, erscheint unmöglich. Der Pianist grübelt, was er jetzt spielen soll. Kontrabassist Hagmann zeigt auf der Liste mit dem Finger auf ein Musikstück: «Ah, nein, bin ich nicht einverstanden», meint Favre gelassen. «Wir sind wie ein altes Paar, müssen Sie wissen», feixt er. Bei «On the Road» spürt man die Strasse unter sich, die niemals endet. «Ich könnte das ewig weiterspielen», schwärmt Favre nach den letzten Tönen. Das Publikum bestätigt mit anerkennendem Applaus, dass es das Lied ebenfalls unendlich geniessen könnte. Der Schluss der Werke ist immer originell abrupt gesetzt: mit zwei Tönen, mit einem Akkord oder durch ein zartes «Ping» auf dem Becken. Unverhoffte Windstösse, lyrische Lüftchen und rhythmische Tornados – das vereint die CD «On a Smiling Gust of Wind» wie auch die weiteren Kompositionen des Florian Favre und seiner virtuosen Bandmitglieder.
Jazz ist nicht so schwierig
Eine ältere Dame äussert sich in der Pause begeistert: «Ich bin noch nie an einem Jazzkonzert gewesen», gesteht sie. Sie habe geschaut, wann sie Zeit habe, zu den Schlosskonzerten zu gehen. Ihre Wahl sei nur zufällig auf dieses Konzert gefallen. «Ich hätte nie gedacht, dass es so leicht ist, sich auf diese Musik einzulassen, und bin immer ganz gespannt, was als Nächstes kommt.» Draussen toben sich an diesem Abend Regen und Sturm aus. Im Rittersaal begeistern die lächelnden Windböen des Favre-Trios ein Publikum, das die Jazzkünstler nicht ohne weitere Zugaben aus dem Schloss entlässt.
----------
Die weiteren Schlosskonzerte: 25. Juni, 19.30 Uhr, Galakonzert «Pierrot Lunaire», Camerata Bern und Patricia Kopatchinskaja (Violine und Sprechgesang), KKThun. 29. Juni, 19.30 Uhr, Duoabend «Beethoven trifft Mozart», mit Raymond Honing (Traversflöte) und Ursula Dütschler (Hammerflügel), Kirche Scherzligen. Tickets über www.schlosskonzerte-thun.ch.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch