StrategieplanRenault bläst zur «Renaulution»
Ein Alpine-Sportwagen mit Lotus, ein grosser SUV von Dacia und eine elektrische Neuauflage des R5: Die Rotstift-Ansage von Renault-Chef Luca de Meo bietet viele Überraschungen.

Die französische Renault-Gruppe hat unter dem Motto «Renaulution» ein tiefgreifendes Umstrukturierungsprogramm vorgestellt. Der online präsentierte Businessplan soll das Unternehmen mit den Marken Renault, Dacia, Alpine, Samsung Motors und Lada sowie die in China vertriebenen Jinbei und Huasong zurück zu einer nachhaltigen Profitabilität führen und gleichzeitig das Geschäftsmodell stärker auf moderne Technologie, Energie und Mobilität ausrichten. «Bei der ‹Renaulution› geht es darum, das gesamte Unternehmen von Volumen auf Wert umzustellen», erläutert Renault-Chef Luca de Meo. «Es ist mehr als ein Turnaround. Es ist eine tiefgreifende Transformation unseres Geschäftsmodells.»
Als Autohersteller will Renault insgesamt schlanker werden, was sich auch auf die Produkte auswirken wird. Unter anderem wollen die Franzosen die Entwicklungszeiten von neuen Modellen um ein Jahr auf unter drei Jahre verkürzen. In der Allianz mit Nissan und Mitsubishi wird man sich künftig vor allem auf drei Plattformen konzentrieren, auf denen 80 Prozent der Autos und damit über 6 Millionen Fahrzeuge basieren sollen. Bei der Marke Renault wird zudem die Zahl der Motorenfamilien von acht auf vier halbiert, Dieselmotoren wird es künftig nur noch für Nutzfahrzeuge geben. In den nächsten vier Jahren will die Renault-Gruppe 24 neue Modelle einführen, die Hälfte davon im C-/D-Segment, mehr als 10 davon mit reinem E-Antrieb. Allein für die Marke Renault sind in diesem Zeitraum 14 Produktneuheiten geplant, 7 davon rein elektrisch. Neben dem bereits letztes Jahr als Prototyp gezeigten Megane-E wird dazu auch die Neuauflage des legendären Renault 5 gehören, der als günstiges Elektroauto im B-Segment vorgesehen ist und dessen nun vorgestellte Studie im Retrodesign für Aufsehen sorgt.
Vier neue Geschäftsfelder
Der «Renaulution»-Plan gliedert die Gruppe in die vier Geschäftsfelder Renault, Dacia-Lada, Alpine und den Mobilitätsdienstleister Mobilize. Renault soll sich stärker als bisher als Autohersteller des modernen Mainstreams vornehmlich mit Fahrzeugen im C-Segment profilieren, während Dacia weiter die Rolle als Budgetmarke beibehalten wird. Alpine wird zur reinen Elektromarke, die zudem für avantgardistische und zugleich sportliche Modelle stehen soll. In diesem Zusammenhang haben die Franzosen eine Kooperation mit dem britischen Sportwagenhersteller Lotus angekündigt: In wenigen Jahren soll aus dieser Zusammenarbeit ein rein elektrisch angetriebener Nachfolger des Alpine A110 hervorgehen. Ausserdem werden künftig die sportlichen Renault-Modelle (R.S.) sowie die Rennsportabteilung samt Formel-1-Team unter diesem Dach vereint.
Für seine Budgetmarken Dacia und Lada plant Renault eine Reduktion der Plattformen von derzeit vier auf nur noch eine, die Karosserietypen werden von 18 auf 11 verringert. Basis für mehr als eine Million produzierter Autos pro Jahr beider Marken soll allein die CMF-B-Plattform sein, auf der aktuell Modelle wie der Renault Clio oder der neue Nissan Juke aufbauen. Bis 2025 ist die Einführung drei weiterer Dacia-Modelle vorgesehen, darunter ein über 4,5 Meter langer SUV, dessen Studie namens Bigster Concept im Rahmen der Präsentation enthüllt wurde. Mit einer Neuauflage des Gelände-Haudegens Niva wollen die Franzosen künftig das Profil von Lada als robuste russische Marke schärfen.
Profitabilität statt Marktanteile
Bei Renault glaubt man, dass in Zukunft weniger der Besitz eines Autos als vielmehr dessen Nutzung im Vordergrund stehen wird – der Kunde kauft dann vermehrt Kilometer statt Autos. Entsprechend wollen sich die Franzosen mit dem neuen Geschäftszweig Mobilize als Dienstleister rund um das Thema Mobilität etablieren. Die neuen Aktivitäten sehen unter anderem ein Carsharing-Angebot in Grossstädten vor, für das Renault vier elektrische Fahrzeugtypen bereitstellen will: Neben dem Micro-Mobil EZ-1 im Stil des seit 2011 angebotenen Twizy soll das Sharing-Angebot mit dem Dacia Spring einen kleinen Elektro-SUV sowie eine elektrische Kompaktlimousine und einen E-Kleintransporter umfassen. Bis 2030 will die Groupe Renault mehr als 20 Prozent des Umsatzes mit Dienstleistungen, Daten und Energiehandel generieren.
Das von Renault bislang definierte Ziel, ab 2022 jährlich 5 Millionen Autos zu produzieren, wurde im Rahmen des «Renaulution»-Plans verworfen. Der Fokus soll sich nicht mehr auf Marktanteile, sondern auf Profitabilität richten. Statt wie noch im Jahr 2019 rund 4 Millionen Fahrzeuge soll die jährliche Produktion bis 2025 auf 3,1 Millionen Autos schrumpfen – in der Schweiz brachten die Franzosen 2019 knapp 12’000 Neuwagen auf die Strasse, im vergangenen Jahr waren es gut 11’000. Parallel will man schrittweise die Marge steigern, diese soll bis in vier Jahren auf über 5 Prozent steigen. Ob im Rahmen dieser Neuausrichtung auch Standorte von Schliessungen bedroht oder Entlassungen geplant sind, wollte Renault-Chef Luca de Meo nicht kommentieren. Aus dem chinesischen Markt will sich der Hersteller jedoch vorübergehend verabschieden; in ihn zurückkehren will man erst nach einer Neuausrichtung des Geschäftsmodells. Der Entwicklung autonomer Fahrzeuge erteilte der italienische Manager aufgrund des derzeit noch fehlenden Geschäftsmodells eine Absage.
Fehler gefunden?Jetzt melden.