Gerade junge Eltern sind unter Druck
Nächste Woche entscheidet der Nationalrat, ob Kinderbetreuung günstiger werden soll. Ein neuer Bericht zeigt, dass familienexterne Betreuung in vielen Regionen nicht die Norm, aber durchaus akzeptiert ist.

Im Familienleben hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem eines verändert: der Alltag der Mütter. Heute ist die grosse Mehrheit der Frauen mit Kindern erwerbstätig, mehrheitlich Teilzeit. «Das klassische Ernährermodell hat seine vorherrschende Stellung eingebüsst», steht im Familienbericht 2017, den der Bundesrat am Mittwoch verabschiedet hat.
An der Erwerbstätigkeit der Väter hingegen hat sich kaum etwas geändert. Das klassische Modell heute ist deshalb: «Vater arbeitet Vollzeit, Mutter arbeitet Teilzeit.» Ein entscheidender Haken daran ist, dass dies nicht dem Ideal entspricht.
«Einer der zentralen gesellschaftlichen Wandlungen der letzten Jahrzehnte ist sicherlich die erhöhte Frauenerwerbstätigkeit.»
Bei einer Bevölkerungsbefragung wurde jenes Modell am häufigsten als ideal bezeichnet, bei dem beide Eltern Teilzeit arbeiten. Dieses habe sich aber ebenso wenig durchgesetzt wie das Doppelverdienermodell, bei dem beide Eltern Vollzeit arbeiten, hält der Bericht fest.
Generation unter Druck
Das bleibt nicht ohne Folgen. Eltern sind einer Mehrfachbelastung ausgesetzt. «Die heutige Generation junger Eltern kann deshalb als pragmatische Elterngeneration unter Druck bezeichnet werden», heisst es weiter. Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, setzen Eltern auf Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Grosseltern oder Bekannte springen ein.
Diese nicht institutionelle Lösung ist gesamthaft die häufigste ergänzende Betreuungsform. Rund 40 Prozent der Kleinkinder bis drei Jahre wurden 2014 aber auch institutionell, also etwa in einer Kindertagesstätte, betreut. Der Bericht verweist auf grosse regionale Unterschiede.
In vielen Regionen sei die familienexterne Betreuung nicht die Norm. Auf Akzeptanz stösst sie dennoch. Professionelle Formen der Kinderbetreuung würden nicht mehr als Notlösung wahrgenommen, sondern als sinnvolle und normale Ergänzung zum elterlichen Engagement, steht im Bericht.
Mehr Geld für Betreuung
Hier hakt der Bundesrat ein. Die Kosten, welche Eltern für die Kinderbetreuung bezahlen, hält er für zu hoch. Vergleiche man die Situation mit anderen europäischen Ländern, so beteilige sich die öffentliche Hand in der Schweiz deutlich weniger. So lohne es sich für Eltern nur bedingt oder gar nicht, wenn beide Partner arbeiteten.
Der Bundesrat will nun für fünf Jahre knapp 100 Millionen Franken sprechen, damit die Kinderbetreuung für berufstätige Eltern günstiger und flexibler wird. Er fordert dafür Bundesgelder, obwohl er im Bericht betont, die Familienpolitik liege hauptsächlich in der Kompetenz der Kantone und Gemeinden.
Er begründet dies mit der Hoffnung, Fachkräfte zu gewinnen, wenn negative Erwerbsanreize für Mütter wegfallen. Das Geld will er jenen Kantonen geben, die ihre Subventionen für familienergänzende Kinderbetreuung erhöhen. Zudem soll es in Angebote fliessen, die den Bedürfnissen der Eltern entsprechen, indem sie zum Beispiel spezielle Öffnungszeiten haben.

Kein Armutsrisiko
Der Ständerat hat bei diesem Vorhaben zunächst gezögert. Dies einerseits, weil er die Kantone und Gemeinden für zuständig hielt. Andererseits wies er darauf hin, dass bereits seit 2003 und bis 2019 ein Anstossprogramm zur Schaffung von Betreuungsplätzen bestehe.
Inzwischen ist er aber bereit, das Geld zu sprechen. Jetzt fehlt noch die Zustimmung des Nationalrates. Dieser debattiert kommenden Dienstag darüber, es gibt Anträge, nicht auf das Anliegen einzugehen oder den Betrag von knapp 100 auf 50 Millionen Franken zu senken.
Im Familienbericht kommen auch die Finanzen zur Sprache. Dazu und zu weiteren Themen rund um die Familie hat am Mittwoch auch das Bundesamt für Statistik einen umfassenden Bericht veröffentlicht. Der Lebensstandard von Haushalten mit zwei Erwachsenen und Kindern sei in der Schweiz einer der höchsten Europas, heisst es dort.
Allerdings gibt es grosse Unterschiede. Im Familienbericht ist festgehalten, dass die Gründung einer Familie zu wirtschaftlichen Einbussen führt, aber nicht grundsätzlich ein Armutsrisiko ist.
Tendenziell verbessere sich die finanzielle Situation mit dem Alter der Kinder. Armutsbetroffen oder gefährdet seien kinderreiche Familien und allein lebende Mütter. Letztere nutzten auch die institutionelle Kinderbetreuung häufiger als Paare mit Kindern.
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