Bund versenkt 215 Millionen Franken
Der Bund muss wegen Bürgschaften an zwei Schweizer Reedereien, die in Schieflage geraten sind, voraussichtlich 190 bis 215 Millionen Franken bezahlen. Grund ist die Krise der Schifffahrt, aber auch mangelnde Vorsicht in der Verwaltung.

Die Schweizer Steuerzahler müssen für eine Hochseeflotte, von der die meisten wohl noch nie etwas gehört haben, tief in die Tasche greifen. Der Bund wird dieses Jahr 190 bis 215 Millionen Franken ausgeben, weil er vor Jahren Bürgschaften für Schiffe eingegangen ist, deren Betreiber wirtschaftlich am Ende sind.
Der Bundesrat hat dazu gestern einen Nachtragskredit verabschiedet, über den das Parlament im Juni entscheiden wird. Die unerwarteten Ausgaben ritzen die Schuldenbremse.
50 Schweizer Hochseeschiffe
Um die Versorgung der Schweiz mit Gütern im Krisenfall sicherzustellen, hat der Bund nach dem Zweiten Weltkrieg eine «Flottenpolitik» initiiert und laufend ausgebaut. Er vergab Bürgschaften an Schweizer Reeder, damit diese ihre Schiffe günstig finanzieren konnten. Zurzeit segeln nicht weniger als 50 Schiffe unter Schweizer Flagge auf den Meeren dieser Welt. Sie alle könnte der Bund bei einer Krise in den Dienst der Landesversorgung stellen.
Der Preis dafür sind Bürgschaften von insgesamt 770 Millionen Franken. Davon werden nun rund 250 Millionen fällig. Betroffen sind zwei miteinander liierte Reedereien, die SCL- und die SCT-Gruppe, die ihren Sitz im Kanton Schwyz haben. Sie hatten mit den Bürgschaften des Bundes insgesamt 13 Schiffe – Tanker und Frachtschiffe – gekauft. Die Krise der Schifffahrt hat diesen Unternehmen derart zugesetzt, dass sie diese Schiffe verkaufen müssen.
Nach langen – laut dem Bundesrat «zähen» – Vorarbeiten ist es nun gelungen, für 12 Schiffe Verkaufsverträge mit anderen Reedereien zu unterzeichnen. Auch für das 13. Schiff zeichne sich eine Lösung ab. Wer die Käufer sind, behält der Bund für sich. Er rechnet mit einem Verkaufspreis von gut 70 Millionen Dollar, die – als kleiner Trost – an den Bund gehen.
Deal bleibt unberechenbar
Unter dem Strich rechnet der Bundesrat deshalb aus heutiger Sicht mit Ausgaben von rund 190 Millionen. Er will aber eine Reserve von 25 Millionen in den Kredit einbauen, da der weitere Verlauf des Schiffdeals offenbar ziemlich unberechenbar ist.
Als Hauptgrund der Probleme nennt der Bundesrat die «Jahrhundertkrise» der Hochseeschifffahrt. Allerdings weist er in seiner Botschaft selbstkritisch auch auf eigene Versäumnisse hin. Um diese zu erfassen, gab der zuständige Bundesrat Johann Schneider-Ammann (FDP) bei der Finanzkontrolle eine Administrativuntersuchung in Auftrag. Im Fokus steht das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), das für die Bürgschaften zuständig war.
Ein einziger Zuständiger
Die Ergebnisse der Untersuchung, die in der bundesrätglichen Botschaft wiedergegeben sind, fallen ausgesprochen negativ aus. Die Rede ist von Fehleinschätzungen bei den Risiken, von Mängeln bei der Prüfung und Entscheidfindung im Fall von neuen Bürgschaften. Generell wurden die Risiken unterschätzt. Man meinte lange, mit den Schiffen als Gegenwert gebe es keine Probleme.
Die Finanzkontrolle bemerkte kritisch, dass bis 2012 alle wesentlichen Funktionen im BWL bei einer Person konzentriert waren, die überdies «zu offensiv» und «wenig kritisch» neue Bürgschaften an Reeder vergeben habe. Fazit: Schneider-Ammanns Departement und insbesondere das BWL haben die Probleme nicht rechtzeitig erkannt.
Immerhin: Der Bundesrat zeigt sich zuversichtlich, dass der Betrieb der anderen Schweizer Reedereien gesichert ist und der Bund nicht noch für weitere Bürgschaften bezahlen muss. Neue Bürgschaften sind nicht geplant. Die letzten laufen im Jahr 2031 aus.
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