Hildebrand warnt vor Desaster wie in Irland
Der Präsident der Nationalbank erklärt, warum das «too big to fail»-Problem rasch gelöst werden müsse - und zwar gemäss den unveränderten Vorschlägen der Expertenkommission des Bundesrats.

Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand warnt Banken und Politik davor, die Vorschläge der Expertenkommission für das «too big to fail»-Problem zu verwässern. Das Parlament solle die Initiative noch dieses Jahr behandeln. Die Vorschläge sollen verhindern, dass Finanzinstitute wegen ihrer Grösse und Bedeutung für die Volkswirtschaft nicht fallen gelassen werden können und sich der Staat bei der Rettung finanziell ruiniert. Irland gebe ein dramatisches Beispiel, was passieren könne, sagte Hildebrand in einem Interview mit der Wochenzeitung «Die Zeit» laut Vorabdruck vom Mittwoch.
Irland sei als Volkswirtschaft in vieler Hinsicht vergleichbar mit der Schweiz, von der Grösse, von der Struktur, der fiskalischen Ausgangssituation - und sei heute in einem desaströsen Zustand. «Dieses Land wurde um 10 bis 20 Jahre zurückgeworfen - letztlich, weil man das ‹too big to fail›-Problem nicht im Griff hatte», sagte Hildebrand.
Hildebrand kündigte an, intensiv für die Vorschläge, die vor allem die Eigenmittel der Banken drastisch erhöhen wollen, kämpfen zu wollen. Er sei überzeugt, dass sich mit den Vorschlägen «ein hochkompetitiver, robuster und nachhaltig erfolgreicher Finanzplatz entwickelt, der auf der steuerkonformen, grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung und nicht auf dem Investmentbanking basiert».
Ohne Zweifel die Gefahr einer Deflation reduziert
«Die Aufgabe eines Notenbankers ist nicht, populär zu sein», sagt Hildebrand in einem weiteren Interview, das im Westschweizer Wirtschaftsmagazin «L'Agéfi» erschienen ist. Kritik, gerade in Krisenzeiten, sei normal. Hildebrand verteidigt die massiven Devisenkäufe im letzten Jahr, mit denen die Frankenaufwertung gegenüber dem Euro gebremst werden sollte. Für das vergangene Jahr rechnet die SNB mit einem Verlust von mehr als 20 Milliarden.
Die Euro-Käufe hätten ohne Zweifel die Gefahr einer Deflation in der Schweiz reduziert, betont Hildebrand. «Aber diese Lösung hatte ihren Preis, wie unsere Bilanz zeigt. Ich muss es aber immer wiederholen: Es gibt keine Wunderlösungen.» Auf die schwierige Situation der Exportwirtschaft angesprochen, zeigt sich Hildebrand erstaunt und beeindruckt über die Anpassungsfähigkeit der Schweizer Unternehmen. «Auch darum gehören sie zu den wettbewerbsfähigsten Unternehmen der Welt.»
Handel Schweiz-EU: Defizit von 20 Milliarden
Im «L'Agéfi»-Interview thematisiert Hildebrand auch das Defizit in der Handelsbilanz Schweiz-EU, das sich auf rund 20 Milliarden Franken beläuft. Dabei erwähnt er, dass die Margen der Schweizer Importeure erheblich angestiegen seien. In der aktuellen währungspolitischen Situation gebe es also auch Vorteile. Und weiter: «Es wäre wünschenswert, wenn die Importeure einen Teil ihrer Gewinne den Konsumenten weitergeben würden.» Immerhin habe die Politik das Problem bereits erkannt.
Laut Hildebrand sind in der Schweiz keine deflationistischen Tendenzen zu erwarten. Gegenüber dem Vorjahr hätten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen deutlich gebessert. Er sieht zwar wachsende Anzeichen für Inflationstendenzen. Noch sei die Inflation aber sehr schwach und die Preisstabilität sei kurzfristig «vollständig gewährleistet». Bei den Energie- und den Rohstoffpreisen biete zudem der starke Franken einen gewissen Schutz.
Im Vergleich zum europäischen Ausland habe die Schweiz das Glück, das sie sich mit «high class problems» auseinandersetzen müsse, auch wenn es nicht einfach sei, Probleme wie die Aufwertung des Frankens zu bewältigen.
Gewährung der Preisstabilität, nicht Gewinnmaximierung
Angesprochen auf den SNB-Verlust von über 20 Milliarden Franken im letzten Jahr, der inzwischen teilweise wieder wettgemacht wurde, sagt Hildebrand, dass die Nationalbank kein kommerzielles Unternehmen sei. «Der Sinn und Zweck einer Zentralbank ist nicht die Gewinnerzielung – geschweige denn die Gewinnmaximierung.» Der Hauptauftrag sei die Gewährung der Preisstabilität.
Die Geldpolitik der Nationalbank, allen voran die hohen Euro-Käufe, war in jüngster Zeit von einzelnen Politikern und Ökonomen heftig kritisiert worden. SVP-Stratege Christoph Blocher hatte Hildebrand sogar offen zum Rücktritt aufgefordert.
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