Ständerat verschärft das Asylgesetz
Die kleine Kammer schränkt den Flüchtlingsbegriff ein: Verweigerung von Wehrdienst soll kein Asylgrund mehr sein. Zudem sollen die Botschaften im Ausland keine Gesuche mehr entgegennehmen.

Der Ständerat will das Asylgesetz verschärfen. Wehrdienstverweigerer sollen in der Schweiz nicht mehr als Flüchtlinge gelten. Weiter soll es nicht mehr möglich sein, auf einer Schweizer Botschaft im Ausland Asylgesuche einzureichen. Die kleine Kammer beschloss gestern Montag ein Massnahmenpaket zum Asylgesetz mit 14 zu 4 Stimmen bei 16 Enthaltungen. Mit den kurzfristig umsetzbaren Änderungen sollen in erster Linie die Asylverfahren beschleunigt werden. Dieses Ziel war grundsätzlich unbestritten.
«Die Behandlung der Asylgesuche dauert viel zu lang», sagte Christine Egerszegi (FDP/AG). Abgewiesene Asylbewerber könnten heute bis zu 1400 Tage in der Schweiz bleiben, wenn sie alle Verfahrensoptionen ausschöpften. Um die Mängel im Asylwesen nachhaltig auszumerzen, brauche es noch weitere Verbesserungen.
Nächste Vorlage bereits angekündigt
Justizministerin Simonetta Sommaruga kündigte aus diesem Grund bereits die nächste Asylvorlage an: Bis Ende 2012 soll ein Vernehmlassungsentwurf vorliegen, der unter anderem Verfahrenszentren des Bundes und Anpassungen der Beschwerdefristen bringen soll. Ziel seien Verfahren, die 120 Tage dauern, sagte Sommaruga.
Bei den kurzfristigen Änderungen, die noch vom Nationalrat behandelt werden müssen, gab es im Ständerat vor allem bei zwei Massnahmen Gegenwehr, darunter die Einschränkung des Flüchtlingsbegriffes. Der Bundesrat will künftig Personen, die ihr Asylgesuch ausschliesslich mit Wehrdienstverweigerung oder Desertion begründen, nicht mehr als Flüchtlinge anerkennen. Der Ständerat nahm die Gesetzesänderung, die vor allem auf die wachsende Zahl von Asylgesuchen von Eritreern abzielt, mit 24 zu 14 Stimmen an.
Zuvor hatte sich Sommaruga für den ursprünglich vom ehemaligen Justizminister Christoph Blocher stammenden Vorschlag aber Kritik anhören müssen: Mit dem Ausschluss der Wehrdienstverweigerer riskiere die Schweiz eine Abweichung vom Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention, gab Claude Hêche (SP/JU) zu bedenken.
Massnahme «Im Symbolbereich»
Zudem sei die Massnahme «Politik im Symbolbereich», sagte Urs Schwaller (CVP/FR). Denn selbst wenn ein Wehrdienstverweigerer aus diesem Grund nicht als Flüchtling anerkannt werde, könne er trotzdem nicht in sein Heimatland zurückgeschickt werden, wenn ihm dort Folter oder Verfolgung drohe.
Der Bundesrat wolle tatsächlich «ein Zeichen setzen», gab Justizministerin Sommaruga zu. «Wir haben heute die grösste eritreische Diaspora Europas», begründete sie den Handlungsbedarf.
Kein Botschaftsasyl mehr
Die Zahl der Asylgesuche will der Ständerat auch dadurch senken, dass die Schweizer Botschaften im Ausland künftig keine Asylgesuche mehr entgegennehmen. Die entsprechende Gesetzesänderung wurde mit 23 zu 12 Stimmen gutgeheissen. Die Schweiz ist heute das einzige Land Europas, dessen Botschaften Asylanträge akzeptieren.
Durch die Aufhebung dieser Praxis würden ausgerechnet die Schwächsten und Ärmsten benachteiligt, hatte Claude Hêche zuvor im Namen der Gegner gesagt. Bundesrätin Sommaruga konterte mit dem Argument der Effizienz: Von den Tausenden Gesuchen, die auf Botschaften deponiert würden, hätten nur ganz wenige eine Chance. Um die Schwächsten zu schützen, könnte die Schweiz wieder vermehrt vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge anerkannte Flüchtlinge annehmen.
Minderjährige haben Vorrang
Prioritär behandeln will der Ständerat künftig die Asylgesuche von unbegleiteten Minderjährigen. Mit 22 gegen 7 Stimmen entschied sich die kleine Kammer zudem dafür, dass abgewiesene Asylbewerber, deren Gesuch um eine Anerkennung als Härtefall von den kantonalen Behörden abgelehnt wurde, Anspruch auf eine Beurteilung durch ein Gericht haben. Sie folgt damit – gegen den Willen des Bundesrats – einer Empfehlung des Bundesgerichts.
Weiter ist der Ständerat damit einverstanden, im Asylverfahren eine höchstens dreiwöchige Vorbereitungsphase einzuführen, in der etwa Anfragen bei Dublin-Staaten gemacht werden. Zudem sollen Asylsuchende bereits in der Anfangsphase des Verfahrens gesundheitliche Probleme geltend machen müssen. Dafür können sie sich in den Verfahrenszentren untersuchen lassen.
Mit 20 gegen 16 Stimmen nahm die kleine Kammer den Vorschlag eines regelmässigen Informationsaustauschs zwischen dem Justizdepartement und dem Bundesverwaltungsgericht an. Die Gegner hatten vergeblich vor der Aushöhlung der Gewaltentrennung gewarnt.
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