Wie eine SMS sein Leben veränderte
Vor drei Jahren schien Dejan Sorgics Traum vom Profifussball geplatzt, nun führt der 29-Jährige die Torschützenliste der Super League an.

Die SMS war neckisch abgefasst, der Inhalt aber ernst gemeint: Im Sommer 2016 schrieb Jean-Daniel Gross dem Thuner Sportchef Andres Gerber, einem Bekannten aus gemeinsamen Zeiten bei YB: «Wenn du kein Interesse bekundest, musst du es nicht bereuen, wenn er euch aus dem Cup schiesst.»
Es ging um Dejan Sorgic, Stürmer beim SC Kriens in der Promotion League. Gross, Spielerberater und Trainer im Regionalfussball, kannte den Zentralschweizer mit serbischen Wurzeln, seit er ihn in der U-21 des FC Luzern gecoacht hatte. Er war von dessen Potenzial ungebrochen überzeugt, obwohl sich dieser, bald 26-jährig, immer weiter vom Profigeschäft entfernt hatte. Tage nach der SMS von Gross an Gerber sollte Sorgic eine Teilzeitstelle im kaufmännischen Bereich antreten. Dazu ist es nie gekommen.
Die wegweisenden Tore
Gerber antwortete Gross mit einem Smiley. Doch sein Bauchgefühl, dieses untrügliche, das den Thunern über die Jahre schon manche Trouvaille beschert hat, sagte ihm, es sei es wert, Gross' Tipp zu prüfen. Zumal der ein schlagendes Argument präsentieren konnte: Stunden zuvor hatte Sorgic in einem Testspiel gegen die AS Monaco einen Hattrick erzielt – in einer Halbzeit.
Wenn man sich mit Wegbegleitern über Sorgics rasanten Aufstieg zum Leader in der Torschützenliste der Super League unterhält, landet man stets bei dieser Partie gegen Monaco. Marinko Jurendic, damals Trainer in Kriens, heute für die U-21 des FCZ zuständig, erzählt, wie er seinem Sportchef noch während des Matchs gesagt habe, dass Sorgic nun kaum in Kriens zu halten sei.
Gross meint, wären Sorgic nicht die drei Treffer gelungen, hätte er sich nicht bei Gerber gemeldet. «Im Fussball kann ein Ereignis eine ganze Karriere verändern», sagt Sorgic selbst. «Bei mir war es dieses Spiel.» Nach einer Woche Probetraining erhielt er den lang ersehnten Profivertrag. Es ist eine kuriose Fussnote, dass Thun bei Sorgics erstem Einsatz von Anfang an beim SC Kriens im Cup ausschied.
Der untypische Torjubel
Sorgic sitzt am Mittwoch nach dem Training auf der Tribüne der Stockhorn-Arena, umringt von einer Schulklasse, die zum Mittagessen mit dem Team eingeladen ist. Aus dem Probespieler ist in zweieinhalb Jahren ein Leader und Leistungsträger geworden. Ein unverzichtbarer Wert.
Geblieben ist Sorgic ein Typ, der es nicht mag, im Fokus zu stehen. Die einzige kleine Extravaganz, die er sich seit kurzem leistet, ist sein Torjubel, bei dem er am Ohr dreht und den er sich beim grossen italienischen Stürmer Luca Toni abgeschaut hat. Es sei eine Idee von Teamkollege Ferreira gewesen, sagt Sorgic fast entschuldigend. Weil es im Spiel in Luzern gleich mit einem Treffer klappte, hat er ihn beibehalten. Auch wenn er sagt, er sei keiner, der mit seinem Jubel auffallen wolle.
Auffallen tut er mit Toren. In der ersten Saison in der Super League erzielte Sorgic 15 Treffer. Nach einem zweiten Jahr, in dem er von Verletzungen zurückgeworfen wurde, ist er nun bei 11 Toren in 15 Partien angelangt. Es sind Werte, die Jurendic sagen lassen, dass Sorgic mit der beste Angreifer der Liga und bereit für den nächsten Schritt sei.
Der 41-Jährige, einst Stürmertrainer beim Schweizer Fussballverband (SFV), schwärmt von Sorgics Antritt und Abschlussqualitäten, dessen Schnelligkeit und Spielintelligenz. Und er berichtet von einer Studie, die er für SFV durchführte. Mit Blick auf die europäischen Ligen wollte Jurendic herausfinden, wann Stürmer auf dem Höhepunkt ihres Leistungsvermögens sind. Seine Erkenntnis: zwischen 27 und 31 Jahren.
Der Beraterwechsel
Sorgic wird nächsten September 30. Doch wenn man ihn reden hört, hat man den Eindruck, er stehe am Anfang seiner Karriere. Er erzählt, wie er nach seiner Unterschrift im Sommer unter den neuen Vertrag bis 2022 nie gedacht habe, er könne sich zurücklehnen. Sein Traum, ins Ausland zu wechseln, treibt ihn auch im eher hohen Alter an.
Darum hat er im vergangenen Sommer den Berater gewechselt hat. Förderer Gross musste für Milos Malenovic weichen, ein bekannter Name im hiesigen Beraterbusiness. Es war eine Entscheidung, die Gross bis heute enttäuscht, die aber eine Zielstrebigkeit offenbart, die man dem freundlichen Torjäger mit der Nummer 9 nicht zutraut.
Mit jedem Treffer Sorgics wird es wahrscheinlicher, dass der Traum in Erfüllung gehen wird. Das weiss auch Gerber, der die Gewissheit hat, in diesem Fall ein lukratives Plusgeschäft abschliessen zu können.
Kürzlich schrieb der Thuner Sportchef an Gross, dass dieser ihm ein gutes Occasionsauto verkauft habe. Was witzig tönte, war ernst gemeint.
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