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«Wild», aber nicht unorganisiert
Zahlreiche Hobby-Eishockeyspieler betreiben ihren Sport ausserhalb des Verbandes.
In der 2. Eishockey-Liga hat es in den letzten Jahren zahlreiche Rückzüge gegeben. Die Probleme sind nur mittelfristig lösbar.
Zu wenige Spieler, zu wenig Nachwuchs: Gleich mehrere Zweitligisten mussten in den letzten Jahren ihre Teams zurückziehen. Der HC Münchenbuchsee-Moosseedorf (HCM) und die zweite Mannschaft der Argovia Stars, die während einiger Jahre die Meisterschaft der fünfthöchsten Liga in der Region Zentralschweiz dominierten, sucht man heute in den Ranglisten vergebens. Auch das zweite Team des SC Langenthal existiert nicht mehr.
Vereine wie der langjährige Dominator Belp und der ehemalige NLB-Club Grindelwald spielen nur noch in der 3. Liga. Wenn heute das 2.-Liga-Playoff beginnt, mussten mit Rot-Blau und Kandersteg nur zwei Mannschaften vorzeitig die Segel streichen. Nur 18 statt wie vorgesehen 20 Teams nahmen an der Meisterschaft teil, Absteiger gibt es keinen.
Zu wenig verjüngt
Als Beispiel, wie ein Zweitligist nicht vorgehen darf, kann der Fall HCM dienen. Der Club engagierte zahlreiche Spieler mit 1.-Liga-Vergangenheit, um an der Spitze mitzuspielen. Gleichzeitig wurde der Integration des eigenen Nachwuchses zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. «Es ist uns nicht gelungen, das Team sukzessive zu verjüngen», sagt Präsident Roger Siegenthaler. Die Folge davon war, dass im letzten Frühling, nachdem viele erfahrene Spieler zurückgetreten waren, acht bis elf Externe hätten geholt werden müssen. Dies war unmöglich.
Und es wird eine gewisse Zeit dauern, bis der HCM in die 2. Liga zurückkehren kann. Ist in der Nachwuchsbewegung einmal gesündigt, dauert es einige Zeit, bis sie wieder auf Vordermann gebracht ist. Es strömen zwar viele Kinder in die Hockeyschulen, als Jugendliche aber entdecken sie andere mögliche Freizeitbeschäftigungen und hören auf. Es wird so für einen Verein wie den HCM auch schwierig, das Niveau bei den Nachwuchsteams so hoch zu halten, dass regelmässig Spieler für ein 2.-Liga-Team rekrutiert werden können. «Man müsste bei den Junioren Top, der höchsten regionalen Stufe, spielen», sagt Siegenthaler. «Wir spielen jedoch bloss in der tieferen Kategorie Junioren A.»
Bei den aktuellen Zweitligisten besteht im Moment keine Gefahr eines Rückzugs. Dem Sptzenclub Mirchel etwa gelingt es, durch Pflege vieler Kontakte und Zuzüge von Kollegen von Spielern das hohe Niveau aufrechtzuerhalten. «Es ist viel schwieriger als früher, an Junioren heranzukommen, die in einer Elitemannschaft gespielt haben», sagt Präsident Hansueli Winzenried. «Sie landen in höheren Ligen.»
Beim HC Wisle, der gemeinsamen Nachwuchsbewegung an Mirchels Spielort Worb, kann derzeit auf der ältesten Stufe Junioren gar kein Team gestellt werden. Andere Vereine verfügen über eine grössere Breite im Nachwuchs. So Bern 96. Aber auch dort tun sich Problemfelder auf. «Ein guter Nachwuchsspieler, der uns Richtung eines Eliteteams verlässt, kommt nicht immer zu uns zurück, wenn er danach in der 2. Liga spielt», sagt Sportchef Massimo Meroni. «Und nicht jeder will als Erwachsener zweimal pro Woche trainieren; einige ziehen die 4. Liga vor.»
Keine Aufsteiger
Der Verband unternimmt viel, um die Liga wieder aufzufüllen. «Wir sind aktiv auf Vereine zugegangen», sagt Markus Andres, der Präsident der Regio League Zentralschweiz. Ohne Erfolg, aus der 3. Liga will auch in diesem Jahr niemand aufsteigen. Zwei Möglichkeiten gibt es noch, um wieder auf Vollbestand zu kommen. Die eine wünscht sich niemand; Unterseen-Interlaken und Reinach könnten noch aus der 1. Liga absteigen. «Dazu versuchen wir, Teams aus anderen Regionen zu uns zu transferieren», sagt Andres.
Die 2. Liga ist derzeit definitiv kein einfaches Pflaster.
Dass es auch heute noch möglich ist, sich in der 2. Liga zu etablieren, beweist der HC Mühlethurnen. Für den Präsidenten Beat Segessenmann ist schnell klar, was in seinem Verein gut gemacht wird: die seriöse Nachwuchsarbeit. «Es liegt uns am Herzen, jungen Spielern rasch die Chance zu geben, in der 2. Liga Spiele zu absolvieren.» Deshalb arbeitet Mühlethurnen mit Dragon/Thun zusammen. Zu diesem Nachwuchsverbund gehören zudem Freimettigen und Höfen, aber auch Wiki-Münsingen und Thun. Oft lösen die Spieler ihre Lizenz bei Dragon/Thun, sind aber dazu noch für einen Partnerverein wie Mühlethurnen spielberechtigt. «Diese Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg», ist Segessenmann überzeugt.
«Wir müssen aber viel Mundpropaganda betreiben», sagt er. Segessenmann merkt, dass es immer weniger Nachwuchsspieler gibt. «Es ist wie allgemein in der heutigen Gesellschaft: Niemand will sich mehr verpflichten.» Deshalb spielen vermehrt Akteure in der sogenannten «wilden Liga». «Ich finde es gut, gibt es diese», sagt er. «Die Hauptsache ist doch, dass die Leute weiterhin Eishockey spielen – und vielleicht kehren sie ja wieder in eine aktive Liga zurück.»
Der Aufstiegstrainer und jetzige Sportchef bei Wiki, Ruedi Wenger, weiss um die Stärken Mühlethurnens. «Ich war begeistert von der Opferbereitschaft der Spieler, die sie auch heute noch auszeichnet.» Aber nicht nur: «Mit den Mitteln der Gürbetaler ein solch breites Team zu stellen, zeugt von grosser Klasse.» Der Vorstand habe sich bereits früh mit dem Thema 2. Liga befasst und sich darauf vorbereitet. «Ein Aufstieg erfordert mehr, als man denkt. Da mehr Eiszeit benötigt wird, steigen die Eiskosten, und beispielsweise auch die Schiedsrichter werden in einer höheren Liga teurer», sagt Segessenmann, und er weist noch auf eine andere Schwierigkeit hin: Nicht nur bei den Spielern bestehe das Problem des Personals. «Für uns ist es fast schwieriger, im Vorstand jeden Platz zu besetzen.» (Marco Spycher)
Berner Zeitung
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