VW hat Tesla im Visier
Mit der ID.-Familie will Volkswagen in den kommenden Jahren zum «Weltmarktführer in der E-Mobilität» werden.

Wolfsburg Noch bevor das erste Serienfahrzeug der elektrischen ID.-Familie von Volkswagen im Sommer auf die Strasse rollt, hat der Hersteller die Prognose für die Produktion von E-Autos angehoben. Die strategische Zielmarke von einer Million E-Autos soll laut neusten Planungen bereits Ende 2023 statt 2025 erreicht werden. «2020 wird ein Schlüsseljahr für die Transformation von Volkswagen», bekräftigt Thomas Ulbrich, Vorstand E-Mobilität der Marke. «Mit dem Marktstart des ID.3 wird unsere E-Offensive auch auf der Strasse sichtbar.»
Der ID.3 basiert auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten von Volkswagen und bietet Reichweiten von 330 bis 550 Kilometer. Die Basisversion des Modells wird um die 32'000 Franken kosten, und bislang haben mehr als 37'000 Kunden den ID.3 reserviert und als Frühbucher eine Anzahlung geleistet.

Gefertigt wird das Fahrzeug im Werk Zwickau, wo ab 2021 bis zu 330'000 E-Fahrzeuge pro Jahr vom Band laufen. Zwickau wird damit zum grössten und leistungsfähigsten E-Auto-Werk Europas. Auch international laufen die Vorbereitungen zum Anlauf der ID.-Familie in China und den USA auf Hochtouren, im chinesischen Werk Anting hat bereits die Vorproduktion begonnen.
Höchste Zeit. Denn Volkswagen will beim Elektroboom nicht nur mitmachen, sondern laut eigenen Angaben «in den kommenden Jahren zum Weltmarktführer in der E-Mobilität werden». Und damit US-Pionier Tesla von Platz 1 verdrängen.
Eine Frage der Zeit
Dafür investiert Volkswagen bis 2024 konzernweit 33 Milliarden Euro, 11 Milliarden in der Marke VW. Das ist viel, aber kein Novum: Schon Ende 2012 bestätigte der Konzern unter der damaligen Leitung von Martin Winterkorn, in den folgenden drei Jahren 50,2 Milliarden Euro in die Entwicklung neuer Fahrzeuge, die Effizienzsteigerung in der Produktion und den Bau neuer Werke zu stecken. Mit dem klaren Ziel: die weltweite Nummer 1 zu werden. Das hat, trotz Dieselskandal, geklappt.
Auto-Wissenschafter Ferdinand Dudenhöffer ist überzeugt, dass die Wolfsburger auch das neuste Ziel erreichen werden und Tesla bei den Stromern überholen. «Mit Audi und Porsche im Premiumsegment und den Volumenmarken VW, Seat und Skoda ist man breit aufgestellt. Also wird der VW-Konzern Tesla überholen», erklärt der Professor am Center Automotive Research der Uni Duisburg-Essen. «Die einzige Frage ist der Zeitpunkt.»
Auch Ford setzt auf den Elektro-Baukasten von VW
Volkswagen setzt bei der E-Offensive auf einen ganzheitlichen Ansatz und hat eine Reihe von strategischen Geschäftsfeldern besetzt. Mit dem Tochterunternehmen Elli treibt VW den Aufbau der Ladeinfrastruktur voran, und gemeinsam mit seinen Händlern baut der Konzern auch eigene Ladepunkte auf – bis 2025 sollen 36'000 neue Ladepunkte in ganz Europa entstehen.
Weiter in die Zukunft blickt VW mit dem Laderoboter: Gestartet via App, steuert dieser eigenständig das zu ladende Fahrzeug an und kommuniziert mit diesem. Vom Öffnen der Ladeklappe über das Anschliessen des Steckers bis hin zum Entkoppeln – der gesamte Ladevorgang verläuft ohne jegliche menschliche Beteiligung.
«Der Laderoboter kann eine Revolution beim Laden in Parkhäusern, auf Parkplätzen oder in Tiefgaragen auslösen», bestätigt Mark Möller, Entwicklungschef der Volkswagen Group Components. «Es ist eine visionäre Studie, die aber durchaus schnell Realität werden kann.»
«Unter den klassischen Autobauern setzt VW am konsequentesten auf das E-Auto.»
Bereits umgesetzt worden ist zudem die Öffnung des Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) für andere Hersteller. Als eine der ersten Marken wird Ford den MEB von Volkswagen nutzen. Obwohl die Amerikaner vor kurzem den E-SUV-Mustang Mach-E auf eigener Elektro-Basis enthüllt haben, will das Unternehmen ab 2023 ein MEB-Fahrzeug in Europa anbieten und rechnet mit mehr als 600'000 verkauften Autos innerhalb von sechs Jahren. Aber auch bei den Batteriezellen hat Volkswagen Weichen gestellt: Ab 2020 soll in Salzgitter eine 16-Gigawattstunden-Batteriezellfabrik entstehen, zudem hat VW ein Joint-Venture mit dem schwedischen Batteriehersteller Northvolt gegründet.
«VW ist unter den klassischen Autobauern derjenige, der am konsequentesten auf das E-Auto setzt. Und das wird sich auszahlen», ist Dudenhöffer überzeugt. Für ihn ist klar, dass dieser Wandel viel mit dem neuen VW-Chef Herbert Diess zu tun hat. «Während Winterkorn beispielsweise ein reiner Machtmensch war, der mit Autorität, Arroganz und Besserwisserei als Absolutist geherrscht hat, stellt sich Diess den aktuellen Fragen. Er reagiert sehr intelligent und treibt neue Technologien mit Elan voran.»
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