Doppelter Rückschlag im Playoff-KampfEin höchst vermeidbare Niederlage und das Verletzungsout von Tristan Scherwey
Im Derby in Biel führen die Stadtberner fast immer, verlieren aber 7:8 nach Verlängerung. Zudem müssen sie die nächsten zwei Monate auf ihren Aggressivleader verzichten.

Kuno Lauener hätte sich wohl auch nie ausgemalt, dass sein Songtext aus dem Jahr 1984 an einem Januarabend 2022 zu Aktualität gelangen würde. «7:7» heisst der Song aus «Sport und Musik», dem Debütalbum von Züri West, und genau so stand das Berner Deby nach 60 Minuten. Mike Künzle hatte mit seinem zweiten Tor des Abends dreieinhalb Minuten vor Schluss für den Gleichstand gesorgt und die Verlängerung erzwungen. «Unentschide ischs nid» singt Lauener und das kann es im Eishockey auch nicht sein. Und so jubelten am Schluss die Seeländer: Gaëtan Haas traf kurz vor Ablauf einer doppelten Überzahl. Ausgerechnet Haas: Nach einem ungeahndeten hohen Stock des ex-SCB-Spielers musste sich Christian Thomas im Mitteldrittel in die Kabine verabschieden.
Wenn nach zwei Dritteln bei beiden Teams die nominellen Ersatzgoalies das Tor hüten, ist klar, dass vorher zum «Abend der offenen Tore» geladen wurde. So war es in Biel: Biels Joren van Pottelberghe machte in der 27. Minute beim Stande von 4:5 Elien Paupe Platz, vor Beginn des letzten Drittels übernahm Philip Wüthrich von Daniel Manzato. 6:5 stand es da noch für die Berner, aber 84 Sekunden später war dieser Vorsprung dahin. Fabio Hofer glich aus. Biel war damit erstmals seit der 8. Minute nicht mehr in Rückstand.
Die Berner, die fünf der letzten sechs Auswärtsspiele verloren hatten, waren resulatmässig optimal gestartet - nach 12 Minuten und einem Dreierpack innert 245 Sekunden führten sie 3:0. Wer nun dachte, der erste Saisonsieg im vierten Duell mit den Seeländern werde zur Formsache, sah sich getäuscht. Biel verkürzte auf 2:3, und der SCB konnte später auch bei 4:2, 5:3 und 6:4 nicht davonziehen.
Der Tag hatte aus Berner Sicht schon schlecht begonnen. Am Nachmittag wurde bekannt, dass sich Tristan Scherwey wegen Problemen am Knöchel und an den Bändern im Fussgelenk einer Operation unterziehen muss. Scherwey wird den Eingriff diese Woche vornehmen lassen, und er wird bei normalem Heilungsverlauf etwa Mitte März zurückerwartet, also ziemlich genau zum Ende der Qualifikation respektive unmittelbar vor Beginn des (Pre-)Playoffs.
Damit wird Scherwey seinem Arbeitgeber voraussichtlich im letzten Drittel der Regular Season fehlen. 18 Spiele haben die Berner – so Covid-19 es erlaubt – noch auszutragen und wollen sich in dieser Zeit idealerweise einen Platz in den Top 6 oder im Minimum einen in den Top 10 sichern, der immerhin zur Teilnahme am Pre-Playoff berechtigen würde. Ebenfalls klar ist damit, dass Scherwey im Gegensatz zu 2018 an den Olympischen Spielen nicht teilnehmen kann.
Marco Keller ist seit Mitte der 1990-er-Jahre Sportjournalist. Für Tamedia schreibt er seit 2013 hauptsächlich über Eishockey, daneben beschäftigt er sich auch mit Fussball und verschiedenen anderen olympischen Sportarten.
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