
Es ist nicht so, dass es Donald Trump nicht versuchen würde: Seit Tagen nutzt der US-Präsident jede Möglichkeit, die ihm sein Amt bietet, um den Demokraten die Verantwortung für die teilweise Schliessung der US-Regierung anzuhängen. Eine Rede im Oval Office zur Primetime, ein PR-Besuch an der Südgrenze, ein Anruf bei einer Fox-News-Sendung und ein Bombardement an Tweets, mit der immer gleichen Botschaft: Nur wenn ihm die Demokraten im Kongress das Geld für den Bau seiner Mauer geben, werde er die Regierung wieder öffnen.
Es nützt nichts. 24 Tage dauert der Shutdown nun schon an, so lange wie keiner bisher, und schaut man sich die verschiedenen Umfragen an, ist das Fazit klar: Eine Mehrheit von 47 bis 55 Prozent der Amerikaner gibt Trump und seinen Republikanern die Schuld daran. Zwischen 29 und 32 Prozent der Befragten sagen, die Verantwortung liege bei den Demokraten. Ungefähr 13 Prozent sehen die Schuld auf beiden Seiten. Diese Werte haben sich zuletzt zuungunsten von Trump entwickelt.
Das war so nicht unbedingt zu erwarten. Bei früheren Haushaltssperren war es tendenziell nicht der Präsident, der politisch den grössten Schaden davontrug, sondern die Oppositionspartei im Kongress, die eine Einigung beim Haushalt blockierte. So war es zum Beispiel 1995 und 1996. Damals sass im Weissen Haus der Demokrat Bill Clinton. Im Kongress bestanden die Republikaner unter der Führung von Newt Gingrich auf einer Senkung der Staatsausgaben. Während Clinton und Gingrich verhandelten, schielten sie ständig auf die Umfragen. Sie ergaben ein klares Bild: Die Öffentlichkeit schlug sich auf die Seite Clintons. Nach einem Monat gaben sich die Republikaner geschlagen, und Gingrich erholte sich davon politisch nie mehr.
Auch unter Präsident Barack Obama kam es zu einem längeren Shutdown. 2013 versuchten die Republikaner im Kongress, Obamas Gesundheitsreform auszubremsen, indem sie ihr die Mittel entziehen wollten. Auch in diesem Fall gab eine Mehrheit der Amerikaner nicht dem Präsidenten die Schuld, sondern den Republikanern im Kongress – und diese lenkten ein.
Die Mauer ist unbeliebt
Was ist diesmal anders? Erstens erinnern sich viele Amerikaner an den Beginn des Shutdowns im Dezember, als Trump den Anführern der Demokraten vor laufenden Kameras sagte: «Ich wäre stolz darauf, die Regierung lahmzulegen.» Es war ein Verstoss gegen eine eiserne Regel des Washingtoner Politbetriebs, die lautet: Sag nie, dass du für einen Shutdown bist, weil die Wähler nichts mehr hassen als das.
Zweitens ist vielen durchaus bewusst, dass Trump zwei Jahre lang Zeit hatte, mit einer republikanischen Mehrheit in beiden Kongresskammern ein Budget durchzubringen, das genügend Mittel für den Bau seiner Mauer enthalten hätte. Er tat es nicht – auch deshalb, weil selbst viele Republikaner eine Mauer für wirkungslos halten. Wenn ihm die Mauer so wichtig ist, warum wartete er dann, bis im Repräsentantenhaus die Demokraten an die Macht kamen?
Drittens ist nicht nur der Shutdown, sondern auch ihr Gegenstand – die Mauer – bei einer Mehrheit der Amerikaner unbeliebt. Im Schnitt halten sie nur 41 Prozent für eine gute Idee, 55 Prozent lehnen sie ab. Doch die Umfragen zeigen eben auch: Jene, die eine Mauer wollen, wollen sie unbedingt. Für Trumps Basis ist die Mauer ein Kern seiner Präsidentschaft.
Kein Kompromiss in Sicht
Es ist dieser Punkt, der es derzeit schwer macht, einen Ausweg zu erkennen. Im Fall der Shutdowns unter Clinton und Obama gingen beide Präsidenten Kompromisse ein – Clinton bei einem Konjunkturpaket, das er im Wahlkampf versprochen hatte, Obama bei einem zentralen Punkt seiner Gesundheitsreform. Trump jedoch sieht sich offensichtlich nicht imstande, von seiner Forderung abzurücken, ohne seine Anhänger zu enttäuschen. Und umgekehrt hat Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, einen Kompromiss ebenfalls verunmöglicht, indem sie den Bau einer Mauer wiederholt als «unmoralisch» bezeichnet hat.
Auf diese Weise wird wohl auch nichts aus der einzigen Lösung, die gangbar scheint: Trump willigt gegenüber den Demokraten ein, den vielen Kindern illegal Eingewanderter zu einer Einbürgerung zu verhelfen, die schon lange im Land sind – und erhält dafür einen Teil seines Geldes für die Mauer.
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