Kritiker an Ausreise hindernWeissrussland verschärft Ausreisebeschränkungen
Nur wer eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung in einem anderen Staat hat, darf Weissrussland auf dem Landweg verlassen. Die Opposition beschreibt die Regelung als Gesetzesbruch.

Weissrussland hat die Restriktionen für die Ausreise seiner Bürger weiter verschärft. Künftig dürfen auf dem Landweg nur noch solche Bürger das Land verlassen, die nachweislich über eine permanente Aufenthaltsberechtigung in einem anderen Staat verfügen, wie der weissrussische Grenzschutz am Dienstag über den Onlinedienst Telegram mitteilte. In den vergangenen Monaten war eine Reihe bekannter Oppositioneller angesichts des rigorosen Vorgehens der Behörden und Sicherheitskräfte gegen Regierungskritiker ins Ausland geflüchtet.
Die weissrussische Opposition prangerte die neuen Ausreiserestriktionen als «absoluten Gesetzesbruch» an. Die Verfassung des Landes nenne keine Bedingungen für die Ausreise auf dem Landweg, schrieb Waleri Kowalewski, der aussenpolitische Berater von Oppositionschefin Swetlana Tichanowskaja, im Onlinedienst Twitter. Tichanowskaja lebt im Exil in Litauen.
Massenproteste gegen Lukaschenko
Ausreisen mit dem Flugzeug bleiben zwar generell erlaubt. Allerdings sind die Flugziele seit Kurzem stark reduziert, da die EU als Reaktion auf die Festnahme des Regierungskritikers Roman Protassewitsch Start- und Landeverbote für weissrussische Fluggesellschaften verhängt hat.
Der Journalist und seine Partnerin waren festgenommen worden, nachdem ihr Ryanair-Flug auf dem Weg von Athen nach Vilnius mit einem Kampfjet zur Zwischenlandung in der weissrussischen Hauptstadt Minsk gezwungen worden war.
Bereits im Dezember hatte die Regierung von Staatschef Alexander Lukaschenko die Ausreise der Bürger erschwert, wofür sie als Begründung die Corona-Pandemie anführte. Seither ist es nicht erlaubt, das Staatsgebiet auf dem Landweg mehr als ein Mal in einem Zeitraum von sechs Monaten zu verlassen.
Nach der von massiven Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl im August hatte es in Belarus beispiellose Massenproteste gegeben, die Lukaschenko niederschlagen liess. Tausende Demonstranten wurden festgenommen. Nach Angaben der weissrussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna sind derzeit 449 politische Gefangene in Haft.
Suizidversuch vor Gericht
Der Oppositionelle Stepan Latypow versuchte am Dienstag, sich im Gerichtssaal das Leben zu nehmen. Der 41-Jährige sei nach der Befragung seines Vaters auf die Bank in seinem Anklage-Käfig gestiegen und habe mit einem Stift in seine Kehle gestochen, bis er das Bewusstsein verloren habe, teilte Wjasna mit. Er sei ins Krankenhaus gebracht worden. Das belarussische Gesundheitsministerium teilte mit, Latypow habe das Bewusstsein wiedererlangt und sei nicht in Lebensgefahr.
Vor dem Suizidversuch hatte Latypow noch seinem Vater berichtet, dass ihm mit rechtlichen Schritten gegen seine Verwandten gedroht worden sei, wenn er sich nicht schuldig bekenne, teilte Wjasna mit. Latypow erschien demnach mit Blessuren vor Gericht.
Latypow hatte an den Protesten gegen Lukaschenko teilgenommen. Im September wurde er festgenommen. Ihm wird unter anderem die Herstellung von Protestsymbolen und Widerstand gegen die Polizei bei seiner Festnahme vorgeworfen.
Ein freier Mitarbeiter der Deutschen Welle (DW) in Belarus kam am Dienstag nach Ende einer 20-tägigen Haftstrafe wieder auf freien Fuss. «Ich bin sehr erleichtert, dass unser Kollege die unrechtmässige Haftstrafe mehr oder weniger unbeschadet überstanden hat», erklärte DW-Intendant Peter Limbourg. Zugleich äusserte sich Limbourg besorgt über die sich verschlechternde Lage für die Medien in dem Land.
Der Journalist war am 12. Mai in seiner Heimatstadt Mogiljow festgenommen worden, als er über einen Prozess gegen den Oppositionspolitiker Pawel Sewjarynez berichten wollte. Drei Tage später wurde er unter dem Vorwurf zu 20 Tagen Haft verurteilt, er habe «innerhalb eines Jahres wiederholt an nicht genehmigten Demonstrationen teilgenommen».
Burakow berichtete der DW, dass er in der Haft nachts immer wieder geweckt worden sei und das Wachpersonal ihn bei Kontrollen gezwungen habe, sich nackt auszuziehen. Er musste demnach jeden Tag die Zelle wechseln und ohne warme Kleidung, Kissen, Decke oder Bettwäsche auskommen.
AFP/roy
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