Wie Meerschweinchen im Weltall
Böses Erwachen im Raumschiff: Der Science-Fiction-Film «Passengers» kupfert bei «Alien» ab – und die überbezahlten Stars Jennifer Lawrence und Chris Pratt bleiben unterbeschäftigt.
Als Erstes gibts in diesem Film ein Déjà-vu: Wir befinden uns auf einer Raumfähre, Crew und Besatzung weilen im Kälteschlaf, aber dann wacht jemand auf. So war das in Ridley Scotts Science-Fiction-Klassiker «Alien» (1979), und so ist das auch in «Passengers» von Morten Tyldum («The Imitation Game»).
Der Unterschied: «Alien» kostete 11 Millionen Dollar, «Passengers» elfmal mehr. Für einen aktuellen Originalstoff ist das viel Geld, Hollywood investiert sonst fast nur noch in Fortsetzungen oder Remakes. Doch wozu der Riesenaufwand bei «Passengers»?
Neunzig Jahre zu früh
Wir stellen fest: Im Gegensatz zur düsteren Nostromo in «Alien» ist es auf dem Raumgleiter Avalon gleissend hell. Und statt einer Frau ist es hier ein Mann, der aufwacht, ein Mechaniker namens Jim (Chris Pratt). Sein Pech: Er ist neunzig Jahre zu früh dran, und so versucht dieser Jim zunächst alles, um wieder in den Kälteschlaf zurückzukehren. Ohne Erfolg.
Auch der Tipp des Roboterbarkeepers (Michael Sheen), mal ein bisschen das Leben an der Bar und anderswo auszukosten, hilft nicht viel. Es gibt zwar Drinks, aber nichts zu geniessen. So vergeht ein Jahr respektive eine halbe Kinostunde, was angesichts der aussichtslosen Lage einer beträchtlichen Auslegeordnung gleichkommt.
Dann, nach einem Jahr, wacht die blonde Aurora auf – in Gestalt von Jennifer Lawrence, die für diese Rolle die sagenhafte Gage von 20 Millionen Dollar bekommen haben soll (Pratt: 12 Millionen). Lawrence alias Aurora ist Journalistin und Autorin – und ganz nach Jims Geschmack.
«Alien» kostete 11 Millionen Dollar, Passengers» elfmal mehr. Für einen aktuellen Originalstoff ist das in Hollywood viel Geld.
Aurora schwimmt gern im Pool mit Aussicht ins Weltall, und Aurora bekommt First-Class-Mahlzeiten, während der weniger solvente Jim bloss Billigfood erhält und mit allerlei technischen Kunststückchen erste Annäherungsversuche startet. Eine weitere halbe Kinostunde später bilanziert das Duo: «Für zwei Unglückliche sind wir ziemlich glücklich.»
Ein Happy End? Leider nein, denn der Film dauert noch eine weitere Stunde, wobei ein dunkles, aber ziemlich offenkundiges Geheimnis im Raum schwebt (das auch der Roboterbarkeeper kennt), und ausserdem häufen sich auf dem Raumgleiter die Fehlfunktionen. Da muss das Heldenduo was tun, nicht zuletzt, um die fünftausend schlafenden Mitpassagiere zu retten und um den Kinozuschauer davor zu bewahren, dass ihm das Gesicht einschläft.
Propere Stars, viel Interieur
So hangelt sich «Passengers» zwischen Action und Agonie, zwischen Existenzialismus und Augenzwinkern durch die galaktischen Weiten seiner zweiten Filmstunde. Wir sehen propere Stars, die durch gigantische, kaufhausähnliche Interieurs hetzen oder schlurfen, und wir vernehmen Dialoge (Drehbuch: Jon Spaihts), die so etwas wie Spritzigkeit in diese Überlebensromanze einzuimpfen versuchen. Das Ergebnis fällt zwiespältig aus, aber das ist vermutlich der Preis, den man als Zuschauer für einen Film über isolierte Menschen in isolierter Umgebung bezahlt.
Das ist vermutlich der Preis, den man als Zuschauer für einen Film über isolierte Menschen in isolierter Umgebung bezahlt.
Wobei: In «Alien» kämpfte die Crew gegen etwas Ungeheuerliches von aussen. Das fesselte, weil die Kreatur nicht zu fassen war. In «Passengers» steckt das Biest im Innern. Was wir sehen, ist jedoch kein existenzialistischer Horror, sondern zwei Menschen, die sich wie allein gelassene Meerschweinchen im All benehmen.
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