Winzerfest wächst zum Mega-Event
Die Fête des Vignerons in Vevey VD operiert mit einem 100-Millionen-Franken-Budget. Die Erwartungen an das Kulturspektakel sind genauso enorm wie das finanzielle Risiko.

Es ist der Höhepunkt in einem Waadtländer Winzerleben. Ein Volksfest, ein Zeremoniell, ein Kulturspektakel. Nur alle 20 Jahre findet die Fête des Vignerons, das Winzerfest, in Vevey statt. Die «Fête» gibt es seit 1797. In diesem Sommer ist es wieder soweit. Am 18. Juli krönt die Winzerbruderschaft des Lavaux, die Confrérie des Vignerons, den besten Rebbauern der vergangenen Jahre. Wer die Krone bekommt, bleibt bis zu diesem Moment geheim. Es ist der Höhepunkt eines gigantischen, rund zweieinhalb Stunden dauernden Spektakels.
5500 Sänger, Tänzer und Schauspieler aller Generationen zelebrieren die Realität und die Mythen im Weinbau. Mit einigen wenigen Ausnahmen sind es Laiendarsteller aus der Region. Selbst Kühe werden in die Arena geführt. Regie führt der Tessiner Daniele Finzi Pasca, der die Abschlusszeremonien der Olympischen Spiele in Turin (2006) und Sotschi (2014) konzipierte. Nach der Krönung am 18. Juli geht das Fest während 25 Tagen weiter. 19 weitere Aufführungen sind geplant. Maximal 400'000 Zuschauer können das Spektakel besuchen. Eine Million Besucher erwartet die 19'500 Einwohner zählende Stadt Vevey in dieser Zeit, Zehntausende aus der Deutschschweiz.
Eine Million Besucher erwartet die 19'500 Einwohner zählende Stadt Vevey in dieser Zeit.
An der Arena wird seit Januar gebaut – oder sollte man eher von einem Stadion sprechen? Fast 20'000 Plätze fasst der Bau, er hat eine 1200 Quadratmeter grosse, mit Leuchtdioden ausgestattete Bühne im Zentrum, vier Bühnen inmitten der Zuschauerränge und Beleuchtungstürme auf allen Seiten. Alleine das über 20 Meter hohe Stahlgerüst der Arena wiege 700 Tonnen, sagt Ingenieur und «Stadionbauer» Daniel Willi bei einer Besichtigung. Die Beleuchtungstürme seien so gebaut, dass sie im Wind hin und her wiegen. Bei Windspitzen über 80 Kilometer pro Stunde würden sie eingezogen – aus Sicherheitsgründen, so Willi.
Die Dimension der diesjährigen Fête des Vignerons sprengt sämtliche Grenzen, auch finanziell. Das Volksfest wächst zu einem Mega-Event, der auch in Übersee vermarktet wird. Dabei hilft: Die Unesco hat die Fête 2016 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
Kritik an Preispolitik
Die Confrérie des Vignerons operiert mit einem Budget von über 100 Millionen Franken. Zum Vergleich: Bei der letzten Ausgabe im Jahr 1999 betrug das Budget noch 54 Millionen Franken bei Ticketpreisen von 65 bis 260 Franken. Heute muss man für ein Ticket zwischen 79 und 359 Franken auslegen, und die Arena fasst 4000 Plätze mehr als vor 20 Jahren.
Wird das Weinfest damit zu einer Art Geldmaschine? Verliert das Volksfest bei einem durchschnittlichen Ticketpreis von 200 Franken und den täglichen Menschenmassen seinen populären Charakter? Gerade Einheimische stören sich an der Preispolitik. Erst 60 Prozent der Tickets sind verkauft. Vor allem Billette der oberen Preiskategorie verkaufen sich schleppend.
Selbst beim 100-Millionen-Franken-Budget ist es im Übrigen nach wie vor so, dass die Laiendarsteller ihre handgefertigten Kostüme selbst bezahlen müssen. Wie früher wird das Geld nur zurückerstattet, wenn die Confrérie einen Gewinn erwirtschaftet.
Widerstand kommt auch von anderer Seite. Die Gewerkschaft Unia protestiert, weil das Verkaufspersonal in Vevey bereits im Vorfeld des Winzerfests wegen ausgedehnter Ladenöffnungszeiten länger arbeiten soll. Über einen Unia-Rekurs muss nun das Kantonsgericht befinden.
Technik kostet viel Geld
«Das Budget von 100 Millionen Franken ist enorm. Wir gehen ein hohes finanzielles Risiko ein», weiss Blaise Duboux, Winzer und Mitglied der Confrérie. Duboux betont aber, das Publikum habe heute an die Fête des Vignerons höhere Erwartungen als noch vor 20 Jahren. Es erwarte Spektakel. Als Massstab gelte etwa der Cirque du Soleil, so der Winzer aus Epesses. Die Besucher erwarteten Licht- und Soundeffekte, darum habe man sich neuste Technologien beschaffen müssen. Das koste viel Geld, und staatliche Subventionen bekomme man keine.
Die Confrérie verspricht, das neue Spektakel werde sinnlicher sein als frühere und bodenständig wie nie. Das garantiere der Plot des Spektakels: Ein Grossvater, ein Winzer, erklärt seiner Enkelin das Metier des Weinmachens. Um das Winzerfest in die Aktualität zu holen, verzichtet Regisseur Daniele Finzi Pasca auf die traditionelle Huldigung der griechischen Gottheiten wie Bacchus, Ceres und Pales.
1999 resultierte für die Confrérie nach der Fête ein Gewinn von 4 Millionen Franken, 1977 war es eine Million mehr. Für dieses Jahr wagt niemand eine Prognose. Genauer kann die Confrérie abschätzen, wie viel Wein die Gäste am Genfersee trinken: Bis zum Ende der Fête dürften es 500'000 Liter sein.
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