«Ich kann das Krisen-Gerede nicht mehr hören»
Die klassischen Medien stehen durch neue Online-Angebote unter Druck – nicht nur aus den eigenen Reihen. Doch Hanspeter Lebrument, Präsident des Verbandes Schweizer Medien, wehrt sich gegen den Vorwurf mangelnder Qualität.
Der Strukturwandel in den Medien, der in rascher Folge neue Portale wie Facebook, Twitter oder Google TV hat entstehen lassen, setzt die klassischen Medien zunehmend unter Anpassungsdruck. Allen Unkenrufen zum Trotz meistern die Verlage nach Ansicht von Verbandspräsident Hanspeter Lebrument die Veränderungen gut.
«Ich kann das Krisen-Gerede nicht mehr hören», sagte Lebrument, Präsident des Verbandes Schweizer Medien, am Dienstag anlässlich der Dreikönigstagung in Zürich. Während Jahren sei den Medien eine Krise nach der anderen angedichtet worden. Auch in jüngster Zeit heisse es, die Medien steckten in einer Qualitätskrise.
Ein Kompliment für die Journalisten
Es gebe zweifellos wie in anderen Branchen auch einzelne Fehlleistungen, so Lebrument – doch von einer Qualitätskrise der Medien zu sprechen, sei jedoch völlig unangebracht. Im Gegenteil: Journalistinnen und Journalisten seien verglichen mit früher heute sehr viel besser ausgebildet, was sich positiv auf die Qualität ausgewirkt habe. Das gelte auch für die Kommunikations- und PR-Fachleute, die wie die Journalisten in den letzten Jahren an Professionalität deutlich zugelegt hätten.
Der Verbandspräsident rief dazu auf, keinen Graben zwischen Journalismus und Kommunikationsbranche entstehen zu lassen. Statt einen heiligen Krieg heraufzubeschwören, sollte beide Seiten miteinander reden und zusammenarbeiten.
Das Monopol der Publizität erodiert
Mahnende Worte richtete Gabriele Siegert, Direktorin am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich, an die Verleger. Die traditionellen Medien – also Zeitungen, Radio und Fernsehen – verlören an Bedeutung. Und deren Kernkompetenz, nämlich die Herstellung von Publizität, erodiere.
Die Mediennutzerschaft emanzipiert sich laut der Wissenschaftlerin. Sie wolle Medien selektiv und interaktiv nutzen. In Facebook und anderen sozialen Netzwerken könne jeder selstr schreiben, Bilder einfügen und Videos verlinken. Partizipieren statt nur konsumieren heisse die Losung. Die Verlage seien nur noch einige unter vielen, die Medienprodukte anböten.
Der öffentliche Dialog als Notwendigkeit
Aus gesellschaftlicher Sicht, so Siegert weiter, sei der Rückzug vieler Medienkonsumenten ins Private durchaus kritisch zu beurteilen. Es brauche nicht nur die Diskussion über persönliche Dinge, sondern auch den öffentlichen Dialog. Berichterstattung über die politische und wirtschaftliche Aktualität, Einordnung, Kontext und Meinungen blieben wichtig.
«Die Öffentlichkeit hat Interesse an gesellschaftlich relevanten Themen. Und Kritik an den Medien darf auch als Liebeserklärung interpretiert werden. Die Medien sind uns nicht egal», sagte Siegert. Auf höchster politischer Ebene werden die Medien 2011 ebenfalls ein Thema sein. Der Bundesrat legt Mitte Jahr einen Bericht zur Lage der Medien in der Schweiz vor. Auch Analysen des IPMZ werden darin einfliessen.
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